Gelsenkirchen.. In der Bergbausammlung in Gelsenkirchen-Rotthausen wird die Erinnerung an den Bergbau wachgehalten. Devotionalien aus allen Bereichen des einst so wichtigen Wirtschaftszweiges im Ruhrgebiet werden so für nachfolgende Generationen festgehalten.
Die Vergangenheit als 08/15-Ladenlokal steckt noch ein wenig drin in diesem Ladenlokal an der Belforter Straße 20, das mit großen Ansprüchen und noch mehr Engagement mit neuem Leben gefüllt wird. Der Tagesablauf eines Bergmanns soll hier in komprimierter Form Platz finden, zwischen Küche und Kaue, Kneipe und Taubenschlag. Ein Langzeitprojekt der Bergbausammlung Rotthausen, zielstrebig vorangetrieben wie einst im Pütt der Stollenausbau. Das Entree ist bereits in etwa so, wie es sich die Akteure vorstellen.
Der harte Kern der Sammler
Jutta Hiepler, Karlheinz Rabas, Hans-Günter Iwannek, Manfred Olbrich, Arno Kendzia und Werner Müller haben sich fürs WAZ-Foto am soliden Küchentisch in Positur gesetzt. Das Sextett gehört zum harten Kern der Sammler. Wobei: Viel mehr Aktive für die Arbeit finden selten zusammen. "Wir sind maximal zehn Leute." Für lokale und regionale Bergbaugeschichte(n) interessieren sich durchaus noch viele Menschen. Sie aufzuarbeiten, die Sammlung buchstäblich auszubauen, ist eine andere Sache – vor allem wohl eine für Ruheständler.
Dabei gibt es zunehmend Arbeit. Wenn irgendwo entrümpelt wird, wenn die Kinder oder Enkel Speicher und Keller räumen, dann tauchen auch immer wieder Erinnerungsstücke aus der Bergbauzeit auf. „Auch viele ältere Leute bringen uns Sachen vorbei. Da ist dann vielleicht der Mann gestorben, der hatte in der Wohnung seine Bergbauecke und die Frau kann mit den Sachen nichts mehr anfangen“, sagt Rabas. Und so landen die Devotionalien in Rotthausen: Werkzeug, Grubenlampen, Helme, Karten, Auszeichnungen, alte Arbeitsbescheinigungen, Erinnerungsstücke... Ein Sammelsurium, das zur Sammlung wird.
Handtuchhalter aus Goslar
Ein Büfettschrank, Spüle, Kohleofen und Kaffeekanne, Löffel und Handtuchhalter gehören zum Küchen-Inventar. Jedes Stück hat seine Geschichte. Der Ofen ist aus Buer, der Küchenschrank kommt aus Rellinghausen, den Handtuchhalter hat irgendwer aus dem Kreis mal in Goslar aufgetrieben. Nicht alles, was zum Revier passt, stammt auch aus der Region. In den Schränken stehen ganz stilecht Flaschen und Schachteln aus der Zeit, als sich wenige hundert Meter entfernt noch die Förderräder drehten.
Ein Schwarz-weiß-Bild der Zeche Dahlbusch füllt die Wand. Eine Stechuhr hat an der Tür Platz gefunden. Dahinter ist im Miniaturformat eine Lampenstube entstanden, ein Kauen-Korb darf nicht fehlen.
Irgendwann wird es zumindest optisch in den Schacht gehen. Ein Lasten-Fahrstuhl fährt in den Keller. Dort liegt Holz für den Streb-Ausbau bereit. Der Weg zu den Toiletten soll irgendwann mal durch die Bergbaukulisse führen.
Noch verliert sich im Erdgeschoss der Pseudo-Pütt zwischen Regalen und Aktenschränken. Der Nachbau einer Dahlbuschbombe liegt auf dem Boden, eine Kleiderpuppe muss als Anschauungsobjekt herhalten – ein Kumpeltyp eben. Dienstags treffen sich die Akteure.
Allein 3000 Bücher
Bücher werden katalogisiert, Lose Blattsammlungen, Artikel, Fotos und Zeitungen bearbeitet. "Ungefähr mit 40 % sind wir fertig", sagt Iwannek. In der Woche erreichen die Bergbausammlung „so fünf bis zehn Anfragen, die sich um Heimat- und Bergbaugeschichte drehen“. Recherchehilfe ist dann oft angesagt. Zu Dahlbusch natürlich, aber auch zu Zollverein, zu Rhein-Elbe oder Unser Fritz finden sich im Archiv Texte und Bilder. "Es gibt eine Menge Bergbauliteratur hier. Bücher haben wir allein an die 3000 Stück und einen ziemlich großen Bestand an Werkszeitschriften", sagt Iwannek.
"Wir haben die Hoffnung, dass das weitergetragen wird. Dafür brauchen wir jüngere Leute", sagt Jutta Hiepler. Es geht darum, ein Stück lokaler Identität zu bewahren. Iwannek: "Wir versuchen, Erinnerungen wach zu halten. Wenn die Leute wegsterben, fällt auch ihr Wissen weg."