Das Kind fiebert, hustet sich die Seele aus dem Leib, und es ist, natürlich, Mittwoch-Nachmittag. Also Augen zu und durch – den proppenvollen Wartesaal der Notfallambulanz in der Kinderklinik zum letzten freien Sitzplatz. Und warten, beruhigen, vorlesen, warten...
Stopp! Nach Einschätzung der niedergelassenen Kinderärzte verteilt sich die Zahl der Patienten seit der Zentralisierung der kinderärztlichen Notfallversorgung zum 1. Februar an der Adenauerallee besser. Ergebnis: tendenziell eher geringere Wartezeiten durch die Ausweitung der Öffnungszeiten – trotz des größeren Einzugsgebietes.
Das ist jedenfalls der Eindruck von Dr. Helga Kirchmeyer, die an diesem Mittwoch-Nachmittag ihren vierten Dienst in der Notfallambulanz seit der Neuerung übernommen hat. „Am Sonntag hatten wir von 9 bis 20 Uhr 120 bis 140 Patienten zu behandeln; über die Wartezeit haben sich die Eltern bei mir nicht beschwert“, erzählt die Initiatorin des alten, im Jahr 2000 gegründeten kinderärztlichen Notdienstes und widmet sich wieder Pia (1), die bei jedem Atemzug hustet.
Ihre Mutter Nadine Klaassen (38) ist mit ihren fünf Kindern Stammkundin in der Ambulanz und Kummer beim Warten gewöhnt („Ich habe hier mal vier Stunden zugebracht“). Dass heute nur eine Handvoll Patienten vor ihr an der Reihe waren, erlebt sie zum ersten Mal. Derweil wartet Halise Bodur aus Herten, dass ihre Nummer aufgerufen wird. Tochter Dilan (3) hustet stark. Schon früher fuhr sie nach Buer. „Wir haben es ja nicht so weit, und in Herten waren die Öffnungszeiten beim Kinderarzt am Wochenende immer so kurz.“
Dass es sich bei den Medizinern, die dort Dienst tun, um niedergelassene, erfahrene Fachärzte handelt, ist ihr sehr recht. Nach Meinung von Dr. Klaus Vogtmeier, Beauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe für den Notdienst der Kinderärzte, ist es der Vorteil der Notfallambulanz – auch für die Patienten, die aus den Nachbarstädten nun weitere Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen.
„Die Qualität der Diagnostik ist bei erfahrenen Ärzten besser“, sagt er in Anspielung auf unerfahrenere Assistenzärzte in Krankenhäusern der anderen Städte, die nach der Umstrukturierung zwar auch noch Kinder behandelten, sich aber vorrangig um ihre stationären Patienten kümmerten.
„Insgesamt haben wir die neue Ambulanz gut ans Laufen gebracht.“ Anfangs sei es zwar durch ein neues PC-Programm zu Wartezeiten gekommen, „aber nun läuft es bei allen 25 Arzthelferinnen und 32 Kinderärzten rund“. Für letztere hat die Neuerung auch Vorzüge: „Früher hatte ich 60 Dienste im Jahr, heute sind es zwölf“, sagt Vogtmeier.
Damit, dass es zu Stoßzeiten am Wochenende, zumal in Hauptinfektionszeiten im Winter, zu längeren Wartezeiten komme, müssten Eltern leben. „Wir vergeben ja keine Termine, außerdem nimmt das Anziehen der Kinder nach der Untersuchung viel Zeit in Anspruch, in der wir die zwei Behandlungszimmer noch nicht besetzen können.“
Als Helga Kirchmeyer nach über 40 Patienten gegen 22 Uhr ihre Jacke anzieht, hat sie etliche Krankheiten diagnostiziert: Platzwunden, Magen-Darm-Erkrankungen, Schlüsselbeinbruch, Verbrühung, Zeckenbiss, Hirnerschütterung, Asthma, Scharlach, Fieberkrampf... Zwei Kinder hat sie zur stationären Behandlung in die Kinderklinik eingewiesen. Der Weg dorthin war für die Eltern kurz: Es ging nur ein paar Treppen höher.