Gelsenkirchen.. Reiner Seidel, Leiter der TÜV-Station Gelsenkirchen, prüft jede Kleinigkeit: „Wenn die Hupe nicht funktioniert ist das ein erheblicher Mangel“. Und dann ist das Führen eines Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen verboten.

Meistens sind es Männer, die zusehen wollen. „Die eine oder andere Dame sagt ,Bloß nicht!’“, sagt Rainer Seidel (55). Im Durchschnitt müssen er und seine Männer 30 Mal am Tag ran. Als erstes nehmen sie dann das Fahrgestell unter die Lupe. Schließlich wollen sie sicherstellen, dass sie auch das richtige Fahrzeug untersuchen. Der 55-jährige Bochumer ist der Leiter der TÜV-Station Gelsenkirchen an der Daimlerstraße in Erle.

„Die Identifikation steht an erster Stelle“, sagt Rainer Seidel und wirft einen Blick unter die geöffnete Motorhaube, das Klemmbrett mit den Papieren in der Hand. Die Nummer passt, der „Patient“ ist tatsächlich der grüne Ford Mondeo Kombi, den er gerade zum Tor hereingefahren hat.

Scheinwerfereinstellgerät kommt zum Einsatz

Dann kontrolliert der Mann vom TÜV die Hell-Dunkel-Grenze. Dazu schiebt er das Scheinwerfereinstellgerät (heißt tatsächlich so) auf Schienen vor das Auto. „Die Scheinwerfer müssen auf die richtige Höhe eingestellt sein. Die korrekte Einstellung ist auf dem Scheinwerfergehäuse eingetragen.“ Fernlicht und Warnblinklicht überprüft Rainer Seidel ebenfalls. Dann sieht er nach der Brems- und nach der Kühlflüssigkeit. „Der Ölstand ist nicht unsere Aufgabe.“

Sitzt die Batterie fest? Rasten die Sicherheitsgurte ein? Funktionieren die Scheibenwischer? Tut’s die Hupe? „Wenn die Hupe nicht funktioniert ist das ein erheblicher Mangel“, stellt Seidel klar. Bei einem erheblichen Mangel ist das Führen eines Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen verboten. Auf festgestellte leichte Mängel weist der TÜV hin.

Auf der Prüfstraße nebenan hat sich ein Kunde fürs Zusehen entschieden. Dafür muss er den Anweisungen des TÜV-Prüfers jetzt Folge leisten: „Blinker links/rechts! Fernlicht bitte! Nebelschweinwerfer bitte einschalten! Die Haube entriegeln bitte!“

Bremskraft und Spur müssen stimmen

Rainer Seidel fährt den Kombi ein Stück weiter auf eine Stahlplatte, die die Achseinstellungen und das Spurverhalten des Fahrzeugs misst. Ein paar Meter weiter überprüft er mit den im Boden eingelassenen Rollen, die automatisch losgehen, die Bremskraft der Betriebs- und der Feststellbremse (Handbremse) an Vorder- und Hinterachse. „Bei groben Fehlern würde es stark ausschlagen“, sagt der Prüfer mit Blick auf die beiden Zeiger, die sich auf der Analog-Anzeige jedoch so gut wie gar nicht von der Seite weichen. Alles okay bis hier hin.

Weiter geht’s zur Hebebühne. Vorher macht Rainer Seidel noch den Bremslicht-Test. Wie er das anstellt? Mit einem Spiegel hinter dem Auto. „Im Moment ist der Wagen unauffällig. Gemessen an seinem Alter - Baujahr 1998 - ist es ein gepflegtes Auto.“ Im Wageninneren checkt er die Kontrolllampen. Auch die Sonnenblenden müssen funktionieren. Die Windschutzscheibe überprüft er auf Steinschlag. Auch das Gebläse ist wichtig, um eine beschlagene Scheibe freizumachen.

Als die Hebebühne den Mondeo ein Stück nach oben gehievt hat, schaut Rainer Seidel mit einer kleinen Taschenlampe nach den Bremsbelägen. Sind sie abgefahren? Sind Riefen drin? Auch die Bremsscheiben beurteilt der TÜV-Mann so weit wie möglich. Dann sieht er sich die Reifen an. Passt die Größe? Gibt es Alterungsrisse oder Einschnitte? Spätestens nach sechs Jahren - unabhängig von der Fahrleistung - sollten Pneus gewechselt werden. Aber obwohl die vom Kombi von Mitte 2005 sind, sind sie in einem Top-Zustand.

Von hinten nach vorne wird alles kontrolliert

Der Prüfer fährt die Hebebühne so weit nach oben, dass er aufrecht unter dem Wagen stehen und Federn, Achsaufhängung, Stabilisatoren und ähnliches unter die Lupe nehmen kann. „Ich fange hinten an und gehe dann nach vorne, um mir einen groben Gesamteindruck zu verschaffen.“

Rainer Seidel ist beeindruckt: „Getriebe, Motor, Lenkung, Servopumpe - das kann alles undicht werden. Bei diesem Wagen nicht.“ Abschließend entlastet der 55-Jährige die Reifen, betrachtet die Aufhängung, kontrolliert das Radlagerspiel. Auch hier hat der Mondeo keine Mängel. Einzig leichte Roststellen am Schweller stellt der TÜV-Prüfer fest. „Die Betriebsverkehrssicherheit ist aber nicht beeinträchtigt.“ Rainer Seidel kratzt die alte Plakette ab und klebt die neue, orangefarbene auf. Weil der Patient so brav war. Ob das in zwei Jahren auch so ist?