Alles ist in Bewegung – Bewegung ist alles. So weit, so gut, so zutreffend. Zugleich aber auch viel zu wenig, um den Arbeiten von Klaus Staudt gerecht zu werden. Weil ein entscheidender Faktor unberücksichtigt bleibt: der Faktor Mensch, sprich, Betrachter.
59 Arbeiten des 78-Jährigen, der seit Jahrzehnten zu den führenden Vertretern der konstruktiv-konkreten Kunst in Deutschland gehört und dabei mit seiner konsequent materialorientierten Bildsprache durchaus eine Sonderposition besetzt, hat Museumschefin Leane Schäfer für die Werkschau in der Alten Villa des Kunstmuseums ausgewählt. Die Ausstellung mit 30 Objekten, 4 Plastiken und 25 Zeichnungen, entstanden in Zusammenarbeit mit dem Kunstverein Mannheim und dem Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt, konzentriert sich auf die Schaffensphase 1990 bis 2010.
Der Künstler wendet auf seine Objekte (auch auf die Plastiken) den Begriff „Schattengitter“ an. Und mit jeder Veränderung des Betrachter-Standorts, des Blickwinkels büßen scheinbar festgeknüpfte Netzstrukturen ihre Reißfestigkeit ein. Je nach Distanz, Perspektive und Schattenfall zeigen sich neue Kommunikationsverhältnisse, neue Gesetzmäßigkeiten: Was gerade noch statisch erschienen ist, wirkt plötzlich schwingend, fast tänzerisch, aus Geraden werden Kurven, rechte Winkel verschwinden... Ein Effekt, der dadurch noch verstärkt wird, dass Staudt oft zweischichtig arbeitet. Unter einer mattierten, für Tiefenunschärfe sorgenden Plexi-Trägerscheibe liegt eine zweite Objektschicht, die mit der ersten kommuniziert und ebenfalls permanenten Metamorphosen unterworfen zu sein scheint. – Eine lustvolle Schule des Sehens, die immer neue Überraschungen parat hält.