Gelsenkirchen.

Viele reagieren erstaunt, wenn Karin T. (voller Name der Red. bekannt) erzählt, was sie beruflich macht. „Die fragen dann: Wie ist das so? Oder: Wirst du oft angemacht?“, erzählt die 43-Jährige. Nicht alle Begegnungen, die sie in Uniform macht, sind angenehm. „Beschimpfungen habe ich schon erlebt.“ Sprüche wie „Braucht die Stadt wieder Geld“ hört sie öfter. „Aber das trifft mich nicht persönlich,“ sagt die ehemalige Bürokauffrau.

Es dauert nicht lange, da gibt es die Probe aufs Exempel: Auf den überflüssigen bis sexistischen Kommentar „Schön alles aufschreiben. Die süßen Raubritter sind wieder unterwegs“, eines Passanten, der danach einen Vortrag hält, welche Parksünder seiner Meinung nach bestraft werden sollten und welche nicht, reagiert Karin T. gelassen – und unterbricht das Gerede erst nach einiger Zeit mit den freundlich ausgesprochenen Worten: „Einen schönen Tag noch Ihnen.“

Wenn nötig werden Autos abgeschleppt

Mehr als sechs Jahre arbeitet sie als Politesse. Früher war sie in der Autobranche tätig, aber nachdem während ihres Erziehungsurlaubs ihre alte Firma aufgelöst wurde, musste die zweifache Mutter sich etwas Neues suchen.

Jetzt ist sie bei der Stadt angestellt und in Teilzeit für den ruhenden Verkehr zuständig. Sie kontrolliert, wer im Park- oder Halteverbot steht, dass kein Bürgersteig und keine Feuerwehreinfahrt blockiert wird. Sie überprüft, ob dort, wo es verlangt ist, alle einen gültigen Parkschein oder Anwohnerausweis haben und wenn nötig, lässt sie auch mal ein Auto abschleppen.

Zweil Mal täglich die gleiche Runde

Karin T. geht zwei Mal am Tag die gleiche Runde, aber jeden Tag andere Strecken – sonst könnten die Parksünder sich ja darauf einstellen. Mit geübtem Blick geht sie an den Reihen parkender Autos entlang. Die 43-Jährige erkennt einen abgelaufenen Parkschein schon beim Näherkommen. Die wichtigsten Informationen – Datum und Uhrzeit – sind größer gedruckt.

Unter einigen Scheibenwischern klemmen bereits Verwarnungen. Die hat sie morgens auf der ersten Runde verteilt. Für diese Parksünder wird es teurer. Fünf Euro kostet die erste halbe Stunde. Die Gebühren steigen alle 30 Minuten um weitere fünf Euro bis zu 25 Euro am Tag.

Fotos dokumentieren die Tat

Aus einiger Entfernung hat die Politesse ein Auto entdeckt, das mit eingeschaltetem Warnblinker im Halteverbot steht. „Den darf man nur anmachen, wenn man eine Panne hat“, erklärt sie und beginnt mit der Erfassung des Fahrzeugs. (Das Parken beginnt erst, wenn der Wagen drei Minuten steht.) Karin T. macht ein Foto. Gibt die Informationen über Auto und Tatbestand in ihr Datenerfassungsgerät ein. Währenddessen kommt der Fahrer und ruft von Weitem: „Hallo! Ich fahre sofort weg. Ich habe nur schnell drei Kopien gemacht“, „Das ist aber Halteverbot,“ erwidert Karin T. freundlich. „Was bekomme ich denn?“ fragt er. Auf die Antwort: „Zehn Euro“, kommt ein „Och, das ist aber teuer für drei Kopien“ – sonst nichts.

Die meisten Leute blieben freundlich, wenn man ihnen erklärt, warum sie eine Verwarnung bekommen, so die Politesse. Ihr Erfolgsrezept: „Man muss mit den Leuten reden.“ Und entdeckt ein neues Vergehen. Ein Auto stoppt im Halteverbot. Sie sieht, dass eine ältere Frau aussteigt und gemeinsam mit dem Fahrer einem offenbar gehbehinderten Mann mit verbundenem Auge, aus dem Wagen hilft.

Den ruhenden Straßenverkehr ordnen

Dort ist eine Arztpraxis, weiß Karin T. Sie geht zum Fahrer, fragt ihn, ob er gleich wieder fährt – und ist mit der Antwort zufrieden. „Ich möchte ja auch noch in den Spiegel gucken können. Ich bin ja nicht auf der Jagd“, sagt sie. Es gehe nicht darum, möglichst viele Strafzettel zu verteilen, um möglichst viel Geld in die Stadtkasse zu bringen, sondern nur darum, den ruhenden Straßenverkehr zu ordnen.