Zehn Uhr morgens im Sportparadies: Die Jalousien vom Schlittschuhverleih sind noch heruntergelassen. Fünf Pinguine, fünf Eisbären und zehn Wichtel warten – ordentlich aufgereiht – auf ihren Einsatz als Eislaufhilfen. Turgut Tüfek hingegen arbeitet schon seit 6.45 Uhr. Der 37-jährigen Eismeister und Fachmann für Veranstaltungsstätten hat heute Frühschicht.
Der gelernte Schlosser hat nach seiner Ausbildung 18 Jahre lang unter Tage gearbeitet, in der Zeche Ewald in Herten. Er bewarb sich als Eismeister als die Zeche geschlossen wurde. Jetzt arbeitet Tüfek schon seit zweieinhalb Jahren im Eisparadies. Das frühe Aufstehen macht ihm nichts aus, weil er Schichtarbeit aus dem Bergbau gewohnt ist.
21 Kilometer Rohre
Die Eislaufsaison beginnt Anfang September und geht bis Anfang April. Während und außerhalb der Saison finden Veranstaltungen in der Halle statt, dann wird Tüfek als Hallenmeister gebraucht. Der Eismeister beginnt seinen Arbeitstag mit einem Sicherheitsrundgang. Erst in die Kältetechnik, dann auf der Eisfläche und schließlich durch den Rest der Halle. Er prüft dabei die Maschinen, die Eisfläche, aber auch Spindschlösser und andere Gebrauchsgegenstände. Das Eis sollte vier bis fünf Zentimeter dick sein. Tüfek bohrt an zwölf vorgegebenen Stellen kleine Löcher ins Eis und misst dann, ob sie tief genug sind. Ist etwas nicht so, wie es sein sollte, bringt Tüfek es in Ordnung. Er trägt neues Eis auf, repariert kaputte Schlösser und tauscht Glühbirnen aus.
Die Eishalle wird mit Ammoniak gekühlt – einer ätzenden Chemikalie. Gerade deshalb sind regelmäßige Kontrollen wichtig. Man kann sich die Kühlung in etwa wie bei einem alten Kühlschrank vorstellen: Unter der Eisschicht befindet sich eine graue Piste aus Vakuum-Beton, in der 21 Kilometer Rohre verlegt sind. Aus einem Tank unter der Halle wird das Kühlmittel – flüssiges Ammoniak – in das Rohrsystem gepumpt. Es verdampft unter der Eisfläche und kühlt diese dadurch. Das gasförmige Ammoniak strömt zurück, wird verdichtet, gekühlt und kondensiert. Dann kann es in flüssigem Zustand den Kreislauf erneut durchlaufen.
Ganz schön viel Chemie, aber ein Eismeisters beschäftigt sich nicht nur mit Maschinen: „Die Arbeit ist etwa fifty-fifty handwerkliche Arbeit und Kontakt zu Menschen“, beschreibt Tüfek das Jobprofil. Während der öffentlichen Laufzeiten führt er Aufsicht, verleiht Eislaufhilfen an Kinder und achtet darauf, dass die Hausordnung eingehalten wird. Alles ohne selbst Schlittschuh zu laufen. „Ich habe das früher mal gemacht, aber das war nicht mein Ding“, verrät er. Aber das ist auch keine Voraussetzung für diesen Beruf. Die Eismeister haben Spikes für ihre Schuhe. Damit kann Tüfek bei Bedarf schnell aufs Eis laufen – etwa wenn er Erste Hilfe leisten muss.
Verglichen mit einem warmen Büro ist die Eishalle ein kühler Arbeitsplatz. Aber das stört Tüfek nicht: „Im Bergbau gab es ja auch kalte Betriebspunkte. Eine dicke Jacke gehört natürlich dazu.“ Zum Beispiel, wenn er mit der Eismaschine das Eis wieder aufbereitet.
Kühler Arbeitsplatz
Wenn das Eis stumpf wird oder nicht mehr dick genug ist, kommt die Eismaschine zum Einsatz – bei Eishockey-Spielen in den Drittelpausen, bei öffentlichen Laufzeiten seltener. Mit einem Messer an der Unterseite der Maschine wird das Eis abgeschliffen und der abgehobelte Schnee in einem Tank gesammelt. Außerdem kann Tüfek mit der Maschine neues Eis aufbauen und mit einem ausfahrbaren Besen auch die Bande reinigen.
So vielseitig wie die Eismaschine, so vielseitig ist auch der Beruf des Eismeisters. Tüfek mag seine Arbeit: „Ich würde das gern bis zur Rente machen“, sagt er. Aber er gesteht auch ein: „Der Sommer ist mir lieber als der Winter.“ – Da gibt es nämlich keine Urlaubssperre.