„Ohne ihn probieren wir nicht!“ Nein, Marika Carena spricht nicht von Ballettdirektor Bernd Schindowski, auch nicht von dessen Assistenten Rubens Reis.

Wenn „er“ nicht da ist, steht auch Ana-Lúcia El Daher, die für das Ensemble Schindowski die täglichen Übungseinheiten erarbeitet und die choreographischen Bausteine des Chefs zusammensetzt, auf verlorenem Posten. „Er“, ohne den nichts geht bei der täglichen Arbeit im Ballettsaal, das ist der Mann am Klavier, das ist Ballett-Pianist Salvador Caro. Er liefert das entscheidende musikalische Koordinatensystem, in dem sich die Tänzerinnen und Tänzer mit mathematischer Präzision bewegen.

Denn Tanzen, erzählt Marika, hat ungeheuer viel mit Zahlen und Zählen zu tun, und das wiederum oft unabhängig von normalen Größenordnungen wie Rhythmus und Takt. Nur wenn alle gleich zählen, sozusagen gleich „ticken“ wie eine Uhr, kann das Perfekte hinterher so unendlich leicht und unbeschwert wirken.

Seit zehn Jahren gehört die blonde und blauäugige Italienerin zum Ensemble Schindowski. Nach Deutschland wollte sie unbedingt wegen ungleich besseren Arbeitsmöglichkeiten. „In ganz Italien gibt es vielleicht fünf, sechs Compagnien.“

Jetzt sitzt Marika mit ihrem polnischen Kollegen Jakub Spocinski, der seit 2002 dabei ist, im Ballettsaal, und beide vermitteln einer illustren Zuschauerschar Einblicke in ihre tägliche Arbeit. Das heißt: Sie sitzen eigentlich kaum einmal. Dramaturgin Anna Grundmeier, von der die neue Reihe „MiR-Menschen“ (präsentieren sich und ihre Arbeit) geleitet wird, erzählt Interessantes, Amüsantes über Ge-schichte, Entwicklung des Balletts, über Tanztechniken, be-fragt die beiden; Marika und Jakub greifen den Faden auf, gehen ins Detail, schweifen ab, demonstrieren.

Warum fünf Grundpositionen? Was unterscheidet klassisches, neoklassisches und modernes Ballett? Wunderbar, wie Marika Carena am Beispiel einer kleinen Tanzfigur die Entwicklung veranschaulicht. Wird mit Spitzenschuhen getanzt? Ganz selten, vielleicht bei Kinderproduktionen, „und Männer“, sagt Jakub, „tanzen generell nicht Spitze“.

Was ist das für ein Gefühl, auch in Musicals wie Anatevka eingesetzt zu werden? Eine schöne Abwechslung, findet Jakub, „man kann anders tanzen, singen...“ Aber es ist auch schwierig, wirft Marika ein.

Denn aktuell ist nur eine Deutsche unter den 14 Compagniemitgliedern; manche Tänzerinnen und Tänzer sind erst kurze Zeit in Deutschland, nicht alle beherrschen die Sprache so gut wie Marika und Jakub. Bei der Arbeit wird deshalb Englisch gesprochen – das beherrschen alle.