Gelsenkirchen.

Die Kontaktstelle für Investitionen will wirtschaftliche Wege aus und nach Gelsenkirchen bahnen. Das Privat-Engagement kommt der Stadt, der IHK und der Handwerkskammer entgegen.

„International Business“, „Kontaktstelle für Investitionen“ – da denkt man nicht zwangsläufig an lokale Wirtschaftsförderung und den Südosten der Stadt, speziell an die Neustadt, an Ückendorf und Rotthausen. Doch gerade hier wird seit längerer Zeit an einem Netzwerk geknüpft, das bereits weit reicht, an die IHK und die Handwerkskammer andockt und maßgeblich mit drei Namen verbunden ist: Klaus Koschei, Berthold Langbein und Kenan Kilic.

Im Dezember 2010 hat das Trio die Kontaktstelle offiziell gegründet. „Wir warten täglich auf den Eintrag ins Handelsregister. Unsere Internetseite ist bereits freigeschaltet“, sagt Langbein. Er ist der Jurist in der Runde und steht bereit für die rechtliche Begleitung von möglichen Geschäften. Kilic, vielreisender Geschäftsmann im Wirtschaftsraum Türkei, Naher und Mittlerer Osten, ist für die internationalen Kontakte zuständig. Koschei sorgt als Geschäftsführer für Organisation, Kontaktpflege und Netzwerkarbeit.

Die gemeinsamen Ziele formuliert Langbein: Ausländischen Unternehmen den Weg nach Gelsenkirchen ebnen und sie „begleiten von der Standort- bis zur Personalsuche“. Im Gegenzug sollen „lokal ansässige Unternehmen, die aufgrund ihrer Struktur Probleme haben, internationale Geschäfte anzubahnen“, beraten und unterstützt werden. Die Arbeit wird zunächst aus Eigenmitteln der Gesellschafter finanziert, später soll über Dienstleistung, Service und Provisionen Geld in die Kasse kommen.

Erste „Anbahnungen“ hat es gegeben. Da wurde für ein 200 Mio Euro-Solarprojekt in der Türkei nach Partnern in der bekanntermaßen starken Gelsenkirchener Solar- und Energiewirtschaft gesucht. Da wurden neue Lieferwege für Früchte und Gemüse mit Logistikern erörtert oder in Aserbaidschan die Zusammenarbeit im Bereich Verkehrstechnik diskutiert.

Im Wissenschaftspark wurde jetzt die Kontaktstelle zusammen mit Vertretern der Wirtschaftsförderung, der Kammern und Oberbürgermeister Frank Baranowski vorgestellt. Breite öffentliche Schützenhilfe also für eine zunächst einmal private Initiative: „Was sucht die Stadt dabei?“, fragte denn auch Baranowski und lieferte umgehend selbst die Antwort. „Das passt zu dem, was wir auch als Stadt verfolgen. Wir haben großes Interesse an erfolgreicher Arbeit“, wenn es um „internationales Knowhow und Investitionen“ gehe. Zudem sei es für Gelsenkirchen mit seinem hohen Migranten-Anteil gerade im Südosten wichtig, „aus vermeintlicher Schwäche Stärke zu entwickeln“. Dazu passe es, Kompetenz zu bündeln, wie bereits in der Kontaktstelle für China oder dem Büro für lokale Wirtschaftsentwicklung geschehen.

Die Grundlage für internationale Ansiedlungen ist aus Sicht der Akteure in Gelsenkirchen prächtig. Die Verkehrsverbindungen sind bestens, freie Gewerbeflächen reichlich vorhanden. Ihr Fazit: „Es ist günstig und wir haben eine hervorragende Infrastruktur.“ Das muss sich nur noch rumsprechen. Die Informationskanäle laufen dabei offenbar oft über persönliche Kontakte. Langbein: „Wenn wir hier bekannt sind, wird das über die Familien in die Länder getragen.“

Besondere Spielregeln für die Geschäftspraxis

Lebensmittel-, Döner- oder Telefonladen, Schneiderei oder Reisebüro: Das sind die Branchen, mit denen man gemeinhin Migrantenwirtschaft der ersten Generation verbindet. Doch längst sind die Nachfahren der ersten Zuwanderer auch wirtschaftlich weiter. Und sie sind zunehmend gut ausgebildet, mehrsprachig aufgewachsen und „hoch motiviert. Und der Wille, unternehmerisch tätig zu sein, ist sehr hoch, die Risikobereitschaft ist viel größer als in der deutschen Bevölkerung“, stellt Siegbert Panteleit für die Gelsenkirchener SPE, die Standort und Projektentwicklung fest.

RDr. Siegbert Panteleit. Foto: Thomas Schmidtke / WAZ FotoPool
RDr. Siegbert Panteleit. Foto: Thomas Schmidtke / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Für die Stadt sieht er internationale Entwicklungschancen – wenn man sich gerade bei der Migrantenwirtschaft auf besondere Spielregeln einlässt. „Teilweise müssen wir uns vom klassischen Unternehmensbegriff in diesem Bereich verabschieden. Man verhandelt nicht mit Firmen, man verhandelt mit der Familie. Auf diese Strukturen muss man sich einlassen.“ Wichtig, findet Panteleit, seien Besuche und Kontakte vor Ort. In die Türkei, den Irak oder nach Kasachstan haben bereits Wirtschaftsreisen mit Gelsenkirchener Beteiligung geführt. Panteleit: „Man muss dort bekannt sein und auf seine Chancen warten können.“ Unterstützung erfährt die Kontaktstelle auch bei der IHK. Hier ist man „froh um jeden Akteur, der aktiv Internationalisierung und Außenwirtschaft betreibt.“

Info: www.kfi-businesscoaching.de