Ordensschwester Rosario Rodriguez sammelt Krippen aus aller Welt. Bunt dürfen sie sein, klein müssen sie sein – für die Anreise im Flug-Koffer.
Bei Reise-Mitbringseln ist für Schwester Rosario Rodriguez die Wunschliste übersichtlich und der Fall klar: Krippen sollten es sein, bitteschön. Bevorzugt aus Lateinamerika oder Afrika. Und: Klein sollten sie sein. „Alle meine Krippen passen in einen Schuhkarton“, sagt die 55-Jährige. Denn bei ihr reist die Heilige Familie bevorzugt im Flug-Koffer aus aller Welt nach Gelsenkirchen.
Weltweite Kontakte erleichtern der Spanierin die Sammel-Leidenschaft. Sie gehört zum Orden der Schwestern von der Liebe Gottes – und der setzt außerhalb Europas seine Arbeitsschwerpunkte in Mittel- und Südamerika, in Südafrika und auf den Philippinen. Da kommt man rum, wenn Ordensschwestern reisen und die verschiedenen „Comunidades“ besuchen.
Befreundete Schwestern begleitet dann die Bitte, Nachschub für die kleine Sammlung mitzubringen. Weihnachtskrippen, hat die Schwester selbst festgestellt, gibt es eigentlich das ganze Jahr über. Ein kleines elfenbeinfarbenes Schmuckstück, nicht viel größer als eine Menschendaumen, hat sie zuletzt aus Mosambik von einer Reise mitgebracht. Aus Stein geschnitten und blütenweiß ist die Krippe in Ei-Form, die sie in Costa Rica entdeckt hat. Maria und Josef, Jesus, Ochs’ und Esel haben in der winzigen Höhle Platz. Die Geburt des Gottessohns, eingebettet in das Lebens- und Ostersymbol – es ist der Reiz der besonderen Darstellungen, der Schwester Rosario fasziniert. Und die künstlerische Ausdruckskraft der kleinen Krippen, ihre folkloristischen Besonderheiten, die in Holz, Ton oder Marmor Gestalt angenommen haben. Aus Chile stammt die handgroße Krippe, die wie ein Krug geformt ist. Die Stallszene in einem Gefäß ist symbolgeladen. „Wasser“, sagt die Schwester, „hat in Lateinamerika eine ganz besondere Bedeutung“ – als Lebensquell eben.
19 der kleinen Kunstwerke hat Schwester Ana Maria Vicente Martin drapiert. Sie teilen sich derzeit den Platz auf ein paar Holzstelen im Treppenhaus an der Husemannstraße 50. Die sechsköpfige Lebens- und Arbeitsgemeinschaft der Schwestern von der Liebe Gottes hat dort eines ihrer sechs deutschen Ordens-Häuser.
1975 ist Schwester Rosario Rodriguez in den Orden eingetreten, 1981 kam sie nach Gelsenkirchen. Seit 1992 lebt die Gemeinschaft auf dem Senioren- und Kinderheim-Gelände am Propsteiweg, bildet dort eine Art geistliche Familie. „Dabei lassen wir uns von der christlichen Liebe leiten, mit der wir alles miteinander teilen: unser Leben, unseren Glauben, unseren Auftrag und unseren Besitz“, heißt es in der Selbstdarstellung des Ordens, die die Schwestern mit Inhalten füllen.
Schwester Rosario unterrichtet Spanisch an der katholischen Grundschule Ückendorf, andere Schwestern sind ebenfalls als Lehrerinnen, in der Patienten-Pflege oder der Erwachsenenbildung tätig. Wie Ana Maria. Die begeisterte Kunstpostkarten-Sammlerin und ambitionierte Hobbymalerin hat im Buch „Krippe und Kreuz in Kirchen und Kapellen der Propsteipfarrei St. Augustinus“ über Weihnachts-Bräuche und Symbole in aller Herren Länder geschrieben. Die Reisetätigkeit der Ordensschwestern bereichert nicht nur die Krippenvielfalt. Wobei: die nächste Stallszene hat Schwester Rosario bereits geordert. Als Mitbringsel einer Freundin von den Kapverdischen Inseln. Bald, sagt Ana Maria, „braucht sie ein paar Schuhkartons mehr“.