Gelsenkirchen.

Färbergarten? Was ist denn das? Vage kam die Erinnerung an einen kurzen Filmbericht, in dem Seidentücher in einem Garten gefärbt wurden, gefärbt nicht mit Chemie sondern mit Blüten, Stängeln, Wurzeln, Blättern.

Genau diese Unwissenheit ausräumen, Althergebrachtes wieder aufleben lassen und dabei Nachhaltiges schaffen, das hat sich die Kleingartenanlage „Am Trinenkamp“ unter Federführung des Künstlers Peter Reichenbach für 2011 vorgenommen, ein Plan, der jetzt bereits in Angriff genommen wurde, wie Friedhelm Walden, Vorsitzender der Anlage, erklärte.

Sieben Freiflächen wurden von der GAFöG inzwischen mit Pflanzen bestückt, mit denen später ohne Chemie gefärbt werden kann. Hier wachsen jetzt die Farben Grün, Gelb, Rot, Orange, Schwarz, Braun, Violett und Blau.

Die GAFöG wird das Projekt auch weiter begleiten - mit Rat und Tat, lerne man doch durch diesen Einsatz enorm viel dazu, was man nicht mehr kenne, hieß es dazu von dort.

Aber auch die evangelische Gesamtschule ist mit im Boot, hier sollen alle Altersgruppen mit eingebunden werden. An den Jüngsten wird es sein, umgehend hübsche Infotafeln zu schaffen, auf denen alle Details der jeweiligen Pflanzen stehen werden, und natürlich auch, welches Pflanzenteil welchen Farbstoff liefert.

Dieses magische Grün hält sich derzeit - naturgemäß - vollkommen bedeckt und wird sich erst mit den ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr zeigen. Die Größeren der Gesamtschule sollen direkt in die Verarbeitung eingebunden werden. Am Ende soll es dann neben selbst gefärbten T-Shirts vielleicht auch Bilder oder Tinten geben, die aus der Kleingartenanlage stammen. Am Ende der Projektwoche im Sommer heißt es dann im wahrsten Sinne des Wortes: Farbe bekennen! Mit dabei ist auch der Stadtverband der Kleingärtner, über den möglicherweise auch der Funke auf andere Anlagen überspringt.

Was bislang mit Rasen oder Rosen den Trinenkamp zierte kann im nächsten Jahr mit Rotkohl oder Rote Beete protzen. Die ältere Generation weiß noch um die Färbekraft dieser Gemüse beispielsweise, ein Wissen, das jedoch in der Konsumgesellschaft verloren gegangen ist, beziehungsweise verloren zu gehen droht.

Peter Reichenbach: „ Wir hoffen, jetzt die Kinder dafür begeistern zu können, ihnen zu zeigen, wie es geht, sie selbst damit handwerken zu lassen. Diese Kinder geben dieses Wissen dann weiter. Das ist die Nachhaltigkeit, die wichtig ist.“

„Sevengardens“ ist ein weltweites Projekt des Künstlers, in dem das informelle Lernen für eine globale Welt mit der Eigenverantwortung und Entwicklungsmöglichkeit des Einzelnen verknüpft wird. Reichenbach erinnert sich an einen Fall, in dem Kinder rote Farbe aus Wurzeln herstellten.

Die Farbe sei jedoch eher braun gewesen, was enttäuschte Gesichter zur Folge hatte. „Da kam plötzlich eine türkische Mutter dazu, die erklärte uns, was falsch gemacht worden war - und sie bekam eine leuchtend rote Farbe. Sie hatte noch das Wissen, das so weiter gegeben wurde. Das ist Integration!“

Die Kleingartenanlage will sich mit diesem Projekt bei der Unesco bewerben, um in das Programm „Sevendays“ aufgenommen zu werden.