Gelsenkirchen..
Wie fühlt sich ein Musiker im Orchestergraben? Was macht einen guten Dirigenten aus? Und wozu braucht man einen Dirigenten überhaupt?
Das waren Fragen, die bei der ersten Ausgabe der neuen Musiktheater-Reihe „MiR Menschen“ umfassend beantwortet wurden. Im Mittelpunkt der ersten Veranstaltung stand Chefdirigent Rasmus Baumann.
Nachdem die rund 50 interessierten Theaterfans im Orchestergraben Platz genommen haben („ganz schön eng hier unten“), stellen Dramaturgin Anna Grundmeier und Rasmus Baumann im Gespräch den Dirigentenberuf vor: „Das ist der jüngste unter den Musikerberufen“, erzählt Baumann.
Erst mit den immer größer werdenden Orchesterbesetzungen in der Musik ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es überhaupt erst erforderlich, dass jemand von vorne die Aufführung leitet: „Früher haben das meist die Komponisten selbst gemacht.“
Ein nicht ganz ungefährlicher Beruf übrigens: Jean-Baptiste Lully, Hofkomponist Ludwigs XIV., zum Beispiel verletzte sich mit seinem Taktstock (damals noch ein langer, schwerer Holzstab) am Fuß und starb kurz darauf an Wundbrand.
Was braucht denn ein guter Dirigent heutzutage? „Man muss eine gewisse Autorität haben, um eine großen Orchesterapparat leiten zu können“, weiß Baumann. „Der dispotische Dirigententyp, wie ihn Arturo Toscanini verkörperte, ist aber nicht mehr zeitgemäß.“
So anstrengend wie Leistungssport
Wichtigste Aufgabe des Dirigenten bei einer Oper sei die Vermittlung zwischen Bühne und Graben, denn von dort aus sehen die Musiker so gut wie gar nichts vom „oberirdischen“ Geschehen. Das erfahren die Zuschauer aus eigener Anschauung, als Sopranistin Petra Schmidt auf der Bühne die Arie der Margarethe aus Boitos „Mefistofele“ anstimmt.
Rasmus Baumann, der den klassischen, jedoch heute immer seltener werdenden Berufsweg einschlug und sich vom Korrepetitor zum Chefdirigenten „hocharbeitete“, erzählt von seinem Arbeitsalltag zwischen Proben, Konzeptionsgesprächen und Partiturstudium. „Das mache ich aus Zeitmangel meistens nachts, da lerne ich am Effektivsten.“
Das Dirigieren vergleicht er von der körperlichen Anstrengung her mit Leistungssport: „Bei jeder Aufführung schwitze ich zwei komplette Frackgarnituren durch“, gesteht Baumann.