Jürgen Becker machte mit seinem aktuellen Programm in der Kaue Station. Zweieinhalb Stunden zwischen Glaube und Götterdämmerung, Kalauern und Kölsch.
Es gibt verlässliche Größen im Leben. Jürgen Becker gehört dazu. Der Kabarettist mäandert seit Jahren unterhaltsam in der thematischen Endlosschleife zwischen Gott und der Welt, zwischen rheinischem Kapitalismus und Monotheismus. „Ja, was glauben Sie denn?“ fragt er in der voll besetzten Kaue und serviert – mit Nachschlag – eine ausufernde kabarettistische Götterspeise. Dick aufgetragen, leicht bekömmlich.
Bei Becker gibt es nicht nur was zu Lachen, sondern auch zu Lernen. Das ist spätestens klar, seit er via TV den Dritten Bildungsweg eingeschlagen hat. Seine Exkurse durch die Geschichte lädt der Kölner lustvoll mit Fakten und Fiktion auf. Und gerne mit Zeitbezug. Die Castor-Demo bei Gorleben („haben Sie gesehen, wie viele alte Leute da sind? Das war Atomkraft-Nein-Danke als Ü-80-Party“) liefert Stoff für den Anheizer, der Tod von Loki Schmidt („kaum ist sie nicht mehr da, wird die Tabaksteuer erhöht“) bietet Material für einen Einstiegs-Kalauer, ehe er zielstrebig über Schiller und Goethe zu Adam und Eva vorstößt.
Am Anfang ist bei Becker das Wort. Und der Witz. Beides trägt ihn bis zur Islam-Diskussion um Sarrazin, Terror und Glaubenskriegen, zu einem Plädoyer für gelebten Polytheismus („Monotheismus ist wie 1000 Folgen Lindenstraße nur mit Mutter Beimer. Das macht aggressiv“). Harter Stoff, locker aufbereitet. Hier legt er mal ein Kürvchen bei Darwin und der Evolution ein, kommt verlässlich zu Chlodwig, Klüngel und Kölschem Größenwahn, widmet sich rheinischer Lebensart („der Mensch ist evolutionstechnisch Rheinländer. Er kann nichts, traut sich aber alles zu, sogar einen U-Bahn-Bau“) und der Religion („die ist im Grunde Hirnforschung ohne Abitur“).
Was gehört noch zum Becker-Kanon? Kirchenspott natürlich („wenn Jesus heute leben würde, sähe er aus wie Osama Bin Laden. Aber die Kirche stellt ihn dar wie Florian Silbereisen“) und Kübelweise Häme für den Kölner „Kanal“ Meisner („50 % der Kölner sind Türken, die andern 50 % sind schwul – Meißner ist kein Türke“). So landet er verlässlich bei Gesang (da hat die Ü-45-Riege im Saal Luft nach oben) und Fassbier für alle. Alaaf-Alarm mit Kölsch in der Kaue. Nach zweieinhalb Stunden Programm fühlt sich das Publikum prickelnd erfrischt. Altbiertrinker vielleicht ausgenommen, aber die sind ja in Köln wie in Gelsenkirchen rar.