„Da steckt mehr drin als man glaubt“. Wann hat schon einmal eine Werbebotschaft für die Bühne und die Rückseite einer rosaroten Kartonverpackung Gültigkeit? Wann kann man schon mal ohne Donnerhall aus der Kunstszene ungestraft von süßem Geschmack fabulieren, der buchstäblich auf den Keks geht? Und wann wird man wieder im Musiktheater im Revier von einer Inszenierung zum Anbeißen sprechen können? Bei Engelbert Humperdinck ist das der Fall. Da gibt’s nicht nur – knusper, knasper, knäuschen – die passenden Lebkuchen fürs Schauvergnügen. Nein auch Tassen und T-Shirts, Buttons und Luftballons. Hänsel und Gretel, ein Merchandising-Märchen...
Die Idee zu den „Rosina Leckermaul“-Souvenirs hatte Regisseur und Bühnenbildner Michiel Dijkema, der gleich den großen Bogen vom Kommerz zur Kultur schlug. Die Leckermaul-Lebkuchen-Päckchen, die im MiR vor der Premiere im Foyer verkauft wurden, sind auch Bestandteil des Knusperhäuchens in der Familienoper. Im Café Pabst am Neumarkt wurden 500 Lebkuchen-Plätzchen aus Mehl und Rohrzucker, Milch und Waldhonig, Zimt und Vanillezucker (alles übrigens öko) im Dienste der Oper gebacken, mit Mandeln und kandierten Kirschen belegt und verpackt. In dieser Woche wird man dort wohl wieder den Backofen anheizen und nachlegen. Denn die Premierenauflage ist beinahe aufgefuttert – oder als süßes Andenken mit heimgetragen worden. Aber auch in den Tassen- und Shirt-Beständen, zunächst nur im Hunderterbereich bedruckt, klaffen schon große Angebots-Lücken. „Auch da haben wir nachgeordert“, sagt MiR-Pressesprecher Christoph Nagler. Von den „knisper-knasper-knusprig“-Leibchen soll es dann auch nicht nur eine Kinderversion geben, sondern auch Hexen-Shirts in Erwachsenen-Größe.
Am 5. November werden die Hänsel und Gretel-Devotionalien wieder in Bauchläden gepackt und unters Opernvolk gebracht. Die Inszenierung liefert mit der Knusperhexe persönlich die Vorlage. „Kuchenheil Dir Erwirb“ – der Satz fällt im Stück drei, vier Mal. Werbeträchtiger geht’s kaum. „Das passt zur Geschichte und zur Vorstellung“, sagt Nagler. Überreizen will man die Idee am MiR aber nicht. Nach zwölf Aufführungen der Familienoper (geeignet für Kinder ab acht Jahren) ist Schluss mit Leckermaul und Knusperkram. Andere Inszenierungen werden ohne Merchandising auskommen müssen. Dafür denkt man im MiR derzeit intensiv über weitere Möglichkeiten zur Selbstdarstellung und Vermarktung in eigener Sache nach. Beim MiR-Kalender bleibt’s, T-Shirts und wahrscheinlich auch Tassen wird es demnächst wieder geben. Und wohl auch einen multimedialen Image-Set. Was zum Anbeißen ist nicht mehr dabei.