Gelsenkirchen. .

Mit Vollgas fuhr der Gelsenkirchener auf drei Männer zu, die ihn nach einem Zigarettendiebstahl aufhalten wollten. Durch einen beherzten Sprung zur Seite konnten sie sich retten.

Der 53-jährige Fahrer handelte sich gestern vor dem Essener Landgericht eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren ein. Wäre es am 27. Juni vergangenen Jahres in einem Geschäft in Schalke nur beim Diebstahl der zwei Stangen Zigaretten geblieben, wäre der Angeklagte wohl mit einigen Monaten Haft davon gekommen. Aber durch die beinahe lebensgefährliche Aktion auf dem Parkplatz vor der Firma, kam der hart bestrafte „vorsätzliche gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr“ dazu.

„Ich hab kein Geld und ich wollte rauchen“, erklärt der Angeklagte schlicht seine Motivation zu stehlen. Die Zeugen, die sich am Parkplatz vor ihm aufgebaut hatten, um ihn an der Flucht zu hindern, will er gar nicht bemerkt haben. „Ich habe Fehler gemacht“, sagt der Angeklagte im Prozess pauschal und bricht plötzlich in herzzerreißendes Schluchzen aus. „Ich weiß, dass Sie gnädig sind“, spricht er Richter Rudolf Fink an, „ seien Sie nicht so hart mit mir.“ Ebenso plötzlich endet das Schluchzen.

Der 53-Jährige, der mehrere Vorstrafen wegen Diebstahls mitbringt, ist im Libanon geboren. Der Vater von acht Kindern klagt über sein schweres Los in Gelsenkirchen: „Ich darf nicht arbeiten, keine Schule besuchen.“ Er sei nur geduldet erklärt er und jammert: „ 24 Stunden, wie soll ich die Zeit totschlagen.“ Das alles muss Dolmetscher Kanho Kanho übersetzen. Deutsch spricht der Angeklagte auch nach 25 Jahren in Gelsenkirchen nicht. „Sie haben es sich zu leicht gemacht und tun es immer noch“, kritisiert Richter Fink. Staatsanwalt Volker Busse, der den Angeklagten für drei Jahre hinter Gittern sehen will, rät ihm, nicht nur an die Pflichten des Staates zu denken, sondern auch an seine eigenen. Die Schuldfähigkeit des 53-Jährigen untersuchte Psychiater Professor Dr. Norbert Leygraf. Er fand keinen Hinweis auf eine Erkrankung oder eine schwere Abhängigkeit. Die Angaben zum Konsum von Drogen und Alkohol, seien widersprüchlich gewesen führt der Sachverständige aus. Ebenso wie wechselnde Schilderungen zu Foltererlebnissen als Jugendlicher im Libanon. Es ging dabei mehrfach um Katzen, mit denen er in einem Sack oder in einem Sarg eingesperrt worden sein soll.