Gelsenkirchen. .

Eine Acht-Seiten-Broschüre für den Ernstfall bekamen 600 Haushalte im Umfeld der Zentraldeponie Emscherbruch vor einigen Tagen zugestellt. Die AGR Unternehmensgruppe, die Abfallentsorgungs-Gesellschaft Ruhrgebiet, richtete sich an „Liebe Nachbarinnen und Nachbarn“ – zur Aufklärung und Pannen-Vorsorge. Und auch, um gesetzliche Pflichten zu erfüllen.

Europäische Richtlinien und Deutsches Recht liefern die Vorgaben: § 11 der Störfallverordnung schreibt demnach vor, „dass Betreiber von Anlagen, die dem Immissionsschutzrecht unterliegen und in denen bestimmte, gesetzlich festgelegte Stoffe“ vorhanden sind, die Nachbarschaft über Sicherheitsmaßnahmen und das richtige Verhalten im Störfall zu informieren haben. In verständlicher Weise, wohlgemerkt.

Zehn Lkw fahren als Umwelt-Brummis

Die Stoffe, das sind in diesem Fall vor allem Farben, Lacke und Lösungsmittel, Spraydosen, Chemikalien, Pflanzenschutzmittel, Leuchtstofflampen, Knopfzellen, aber auch Medikamente. Sie zählen zu den „gefährlichen Abfällen“ – eben all’ das, was in den meisten Haushalten oder bei kleinen Gewerbetreibenden als Sonderabfall anfällt.

Was Baumärkte oder Fachgeschäfte en gros vertreiben, landet irgendwann im Zwischenlager auf der Zentraldeponie. Rund 7000 Tonnen werden hier pro Jahr umgeschlagen, „davon rund 1500 Tonnen aus privaten Haushalten, Schulen und öffentlichen Einrichtungen, der Rest aus dem Kleingewerbe“, sagt AGR-Pressesprecher Heinz Struszczynski. 99 % der Problemabfälle kommen aus dem näheren Umkreis im Ruhrgebiet. Den größten Anteil haben Farben, Lackreste und Lösemittel. Herangefahren werden sie von den „Umwelt-Brummis“. Insgesamt fahren zehn Lkw für das Lager, 18 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Nach der Annahmekontrolle werden die Materialien sortiert, getrennt, in Spezialbehälter gepackt und zu größeren Transporteinheiten zusammengestellt.

Wärmeüberwachung und Direktleitung

Hauptrisiko aus Sicht der Betreiber ist ein Brand. Wärmeüberwachung, Brandmeldeanlage und der direkte Draht zur Feuerwehr Gelsenkirchen, Sprinkleranlage, CO-2-Löschmittel und die Trennung der Arbeitsbereiche dienen daher an der Wiedehopfstraße der Sicherheit. Dass hier dennoch mit durchaus gefährlichem Gut hantiert wird, macht die Broschüre deutlich. Die Materialien, heißt es, sind oft leicht entzündlich, ätzend, reizend, sie können giftig sein oder erbgutverändernd. So wird schwarz auf weiß dokumentiert, dass schlichte Haushalts- und Handwerkswaren auch beachtliches Bedrohungspotenzial haben. Das wirkt nicht gerade beruhigend, soll es aber sein...

Heinz Struszczynski geht nicht gerade davon aus, dass sich die Empfänger die Broschüre „daheim unters Kopfkissen“ legen, aber ein paar Kernbotschaften verinnerlichen. „Wichtig wäre schon, wenn sie im Zweifelsfall die Frequenzen der Radiosender wissen und klar haben, wie sie sich bei einem Störfall verhalten sollen.“