Annette Pauls bringt Kindern seit 15 Jahren die Fortbewegung im Wasser bei. „Schwimmen macht Spaß und ist hilfreich, wenn man ins Wasser fällt“, sagt sie und kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Gerade hat sie Hanna (4), Ben (4), René (6) und Caroline (4) dem sicheren Aufenthalt im nassen Element ein Stück näher gebracht, da kommen auch schon die nächsten Kinder herein - Willkommen beim Eltern-Kind-Schwimmen (ab 4 Jahren) im Lehrschwimmbecken der Lessing-Realschule, einem von zwölf Angeboten dieser Art von Gelsensport.
„In der Presse ist es momentan ein Dauerbrenner“, sagt Monika Schmidt, Pressesprecherin vom Sport-Paradies. „Immer mehr Kinder können nicht schwimmen. Das sorgt nicht nur für manche gefährliche Situation, sondern nimmt ihnen vor allem Eines: ganz viel Spaß.“
Ins Lehrschwimmbecken fließen Tränen. Hanna ist letzte Woche schon mit dem Kopf unter Wasser gekommen. Und jetzt ist es wieder passiert. „Sie wollte aber wieder hier hin“, sagt ihre Mutter, Miriam Beyer aus der Feldmark. Warum soll ihre Tochter überhaupt schwimmen lernen? „Weil ich’s wichtig finde, wichtig für die Entwicklung. Das gehört für mich dazu.“ Hanna schaut konzentriert, hält den Kopf angestrengt über Wasser während Annette Pauls sie und die anderen drei Kinder an Schwimmnudeln hinter sich herzieht.
Die DLRG schätzt, dass 45 Prozent der Schüler in Deutschland am Ende der vierten Klasse nicht sicher schwimmen können. „An den Schulen gibt es immer seltener Schwimm-Unterricht“, sagt Thomas Kinner, bei Gelsensport zuständig für Förderung des Leistungssports und Kurse des Bildungswerks.
Im Gegensatz zu anderen Kommunen habe Gelsenkirchen noch vergleichsweise Glück, hier würden bislang keine Bäder geschlossen. Trotzdem hapert’s am Geld. „Der Bus zum Schwimmbad kostet“, sagt Kinner. Und selbst mit Bus würden in den meisten Fällen am Ende nur 45 Minuten Schwimmzeit übrig bleiben - vorausgesetzt, es handelt sich um eine Doppelstunde. Die Hälfte geht für Hin- und Rückweg und Umziehen drauf.
Etwas ähnliches haben auch die Eltern von Ben gehört: Dass es in Grundschulen viel Ausfall gibt und dass die Lehrer es nicht schaffen, allen schwimmen beizubringen, weil es einfach zu viele Nichtschwimmer gibt. „Eltern müssen privates Engagement zeigen“, sagen Birgit und Bernd Kruse, ebenfalls aus der Feldmark. „Unser Sohn soll schwimmen lernen, damit wir im Urlaub nicht Angst haben müssen, dass er im Pool ertrinkt, wenn wir ein Buch lesen.“
Zu den Schwimmkursen kommen ganz unterschiedlich veranlagte Kinder. „Es gibt Kinder, die Angst vor Wasserspritzern ins Auge haben und solche, die sofort ins tiefe Wasser springen möchten“, sagt Kinner. Sie richte sich bei ihrem Unterricht ganz nach den Kindern, sagt Annette Pauls. Mit Schwimmnudeln, -brettern und Tauchringen macht sie Schritt für Schritt aus Nichtschwimmern Schwimmer. Für einen Nichtschwimmer muss das Wasser im schlimmsten Fall nicht einmal tief sein. „Man kann in einem 20 Zentimeter tiefen Teich ertrinken“, sagt Annette Pauls. Und diesmal lacht sie nicht.