Gelsenkirchen.
Szenen einer ganz normalen Ratssitzung: Eine Liberale labt sich am Käsebrötchen, eine CDU-Frau stärkt sich mit Kaffee, ein Sozialdemokrat schleckt ein Magnum. So beobachtet im Ratssaal an der Emscherstraße.
Wenn es nach OB Frank Baranowski geht, ist für die Stadtverordneten bald Schluss mit lecker. Und zwar: nach dem Umzug ins Neue Hans-Sachs-Haus Ende 2011.
Darauf wies der OB in der Ratssitzung am Donnerstag schon einmal vorsorglich hin. „In einer Ratssitzung sollte nicht gegessen werden“, sagt Frank Baranowski zur WAZ. Das sei für die Vertretungskörperschaft einer Stadt nicht angemessen. An der Emscherstraße habe sich das Essen vielleicht deshalb eingebürgert, weil es sich um einen Übergangslösung handelt.
Im Ratsaal des Neuen Hans-Sachs-Haus werde sich dies ändern: „Wir werden den Bürgern dort ja auch nicht erlauben, mit einer Pommesschale auf den Besucherrängen Platz zu nehmen“, so der OB. An diesen Richtlinien müsse sich auch die Politik messen lassen.
Im alten HSH sei Essen ebenfalls verpönt gewesen, weiß Baranowski noch aus eigener Erfahrung als Stadtverordneter. „Ich habe mal einen Anpfiff von Oberbürgermeister Kurt Bartlewski erhalten, weil ich im Ratssaal ein Eis am Stiel gegessen habe.“
In der aktuellen Geschäftsordnung des Rates findet sich zu diesem Thema kein Wort. „Unter OB Kuhlmann hat es wohl mal einen Beschluss gegeben, der Essen und Trinken im Ratssaal verbietet“, sagt Jörg Kemper, Referat für Ratsangelegenheiten. Aber: „Grundsätze der Schicklichkeit und allgemeine Verhaltensregeln ändern sich im Laufe der Zeit.“ Und angesichts des unklimatisierten Ratssaals und der zunehmend längeren Sitzungen sei Wasser geboten, um leistungsfähig zu bleiben. Käsebrötchen & Co. sollten im Neuen Hans-Sachs-Haus aber auf den Index, so Kemper.
Essen in der Ratssitzung – in Nachbarstädten wie Herne, Essen und Mülheim ist dies undenkbar: „Es wird nur mal ein Wasser mit an den Platz genommen wird“, sagt Hernes Sprecherin Silke Bender. Aus Rücksicht auf den historischen Ratssaal gebe es aber Untersetzer für Gläser und Flaschen. Erfrischungen und Snacks würden in einem Raum neben dem Rat gereicht.
Ratskantine
Kuchen, Bockwurst, Frikadelle, Wasser, Cola, Kaffee und vieles mehr gibt es an der Emscherstraße 66 in der kleinen Kantine neben dem Ratssaal zu volksnahen Preisen. Wenn Ausschuss-Sitzungen in dem Erler Ratssaal stattfinden, fährt eine Mitarbeiterin der Kantine sogar mit einem Wagen durch die Reihen der Politiker, um Getränke zu verkaufen.