Gelsenkirchen. .
Ordnung am Örtchen: Die Gesamtschule Berger Feld setzt in Sachen Sauberkeit auf dem Schulklo auf Hygiene-Helfer, die zu Eigenverantwortung erziehen. Und auf eine „Perle“ als Ein-Euro-Kraft.
Philipp aus der 6/4 hat ein Malheur entdeckt. „Auf der Toilette wurde daneben gepinkelt“, verkündet er. Vielstimmiges Stöhnen in der Schülerrunde. „Ohhwähhh.“ Alle wissen, was jetzt kommt. „Dann gebe ich dir mal den Wischer“, sagt Sozialpädagogin Marie-Luise Raschtuttis. Und Philipp bekommt noch ein paar Sprüche mit auf den Weg aufs Jungenklo. „Das macht man eben für die Schule“, sagt einer. „Für die Sauberkeit“, tönt ein anderer. „Und die Gerechtigkeit...“
Nickelig ist das nicht gemeint. Jeder hier hat schon gewischt, hat sich überwinden müssen. Und auch Philipp zockelt ganz selbstverständlich ab. Zum Reinemachen. Auch das gehört zur Aufgabe der Hygiene-Helfer an der Gesamtschule Berger Feld.
In der Hochzeit der Schweinegrippen-Welle 2009 setzte die Gesamtschule Akzente. Schulleiter Georg Altenkamp war damals Nachhaltigkeit besonders wichtig. Auch weil sie ins Schulkonzept passt. Schüler mussten damals nicht nur einen Hygienebrief mit Anti-Grippe-Maßnahmen unterschreiben. Ausgebaut wurde auch die Eigenverantwortung, aufgebaut wurde ein Kreis von Hygieneschülern. Je zwei Mädchen und Jungen versehen seither in den Pausen WC-Dienst, öffnen die Toilettenanlage, schauen nach dem Rechten, halten Ordnung und haben so manches Örtchen aufgepeppt.
40 Toiletten hat die Schule. Blitzcheck im Raum 118, einer Mädchentoilette. Gezeichnete Top-Models zieren die Wände im Waschraum, die Becken und Schüsseln sind sauber. Gegenprobe nebenan bei den Jungs. Ein ähnliches Bild. Nur die Deko ist anders. Kalenderlektüre gibt’s. „Und eine Schülerin hat für uns Drachen gemalt“, sagt Duncan. Über den Urinalen soll bald ein Poster von Schalke-Keeper Neuer hängen. Der hat sicher auch schon mal hier gepinkelt. Ist ja schließlich seine alte Schule.
Freiwilliger Einsatz bringt Pluspunkte
Freiwillig haben sich die Kinder gemeldet. „Alle“, betont Jasmin. „Damit wir aufpassen. Für uns ist das ja selber auch eklig, wenn man auf dreckige Toiletten geht“, findet Andre. „Wir sorgen dafür, dass die Toiletten sauber verlassen werden und kein Papier rumliegt“, sagt Svenja. Früher, weiß Berat, „war oft nicht abgespült. oder es hat gestunken.“ Der Sechstklässler hat schon mal die Aufsicht geholt „als der Spiegel ganz dreckig war. Da habe ich überlegt, wer zuletzt da war und das dem Abteilungsleiter gemeldet. Zusammen sind wir dann durch die Klassen gegangen und haben die zwei Jungs gefunden. Die haben das dann wieder sauber gemacht.“ Natürlich, gesteht Berat, habe er kurz „Angst gehabt und darüber nachgedacht, ob ich mit denen Stress kriege. Aber das war dann kein Problem.“
In den Fünf-Minuten-Pausen sind die Schüler im Einsatz. dauerhaft von 7.30 bis 14 Uhr hält Monika Bargenquast die Stellung nah der Mensa. Auch in den Unterrichtsstunden ist hier geöffnet. Aus schnöden Klos wurde das „Sit-in“. Und die Ein-Euro-Kraft ist so etwas wie Toilettenfrau, Kummertante und Shop-Leiterin in einer Person. Für Altenkamp ist sie zudem „die Perle des Betriebs hier“. In ihrem kleinen Hygiene-Shop gibt es für Cent-Beträge Deo und Lippenstift, Haarspray und Gel, auch bei Bedarf Tampons und Tempos. „Das wird alles genutzt. Für zehn Cent kann man sich hier voll stylen“, sagt die gelernte Einzelhandelskauffrau. Ein Angebot, das auch Jungs zu schätzen wissen. Zudem schafft es soziale Kontrolle und saubere Klos. „Dafür“, so Bargenquast, „sorgen auch die Hygiene-Helfer. Von mir gibt’s noch zusätzlich ‘nen Lolli und Trost“.