Gelsenkirchen.

„Wir haben viel Musik mitgebracht“, kündigte GMD Heiko Mathias Förster bei seiner Begrüßung zum 1. Sinfoniekonzert der neuen Saison an. Das Zweieinhalb-Stunden-Programm bot außer Hochgenuss für die Ohren diesmal auch etwas fürs Auge.

Die Beziehung Bild-Musik wurde aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Im ersten Teil erklangen Werke, die durch Bilder inspiriert wurden. Matthias Bonitz, Komponist und Kontrabassist der NPW, stellte seine Tondichtung „Le Taureau“ nach Pablo Picassos gleichnamiger Lithographien-Serie vor. Den Ansatz der (auf die große Leinwand projizierten) Bilder, von einem naturalistisch dargestellten Stier bis zu einer auf wenige Striche reduzierten Version verschiedene sich graduell verändernde „Zustände“ zu zeigen, setzt Bonitz mit musikalischen Mitteln um: Am Anfang steht das katalanische Volkslied „Lo Mestre“, das das thematische Material liefert. Mit jedem neuen Abschnitt ändern sich Satz und Orchestrierung von großer romantischer Sinfonik hin zu kammermusikalischer Reduzierung, sich schließlich im fast Unhörbaren verlierend. Picassos Kubismus findet seine Entsprechung in der Zwölftontechnik - das Ergebnis ist oft fesselnd und klangsinnlich.

Ohne visuelle Unterstützung (aufgrund zu hoher Kosten für die Bildrechte) mussten Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ in der Instrumentierung durch Maurice Ravel auskommen. Schade, denn die Neue Philharmonie Westfalen startete hier mit einem Paukenschlag in die neue Spielzeit, besonders die Bläser konnten mit klangschönen Einsätzen begeistern.

Russland im Portrait

Nach der Pause erklang Peter I. Tschaikowskys von Tobias Melle fotografisch bebilderte Sinfonie Nr. 5 e-Moll. Der Münchener Musiker und Bildkünstler liefert hier ein kritisches Portrait des modernen Russland, indem er zu Tschaikowskys emotionalen Klängen historischen Zarenprunk und moderne Armut, pulsierendes Weltstadtflair und endlose Landschaften kontrastiert. Besonders eindrucksvoll ist der vierte Satz gelungen, wo martialische Symbolik und Weltkriegsüberbleibsel sensiblen Portraits melancholischer und fröhlicher Menschen weichen. Musikalisch wie optisch eine künstlerische Großtat.