Gelsenkirchen.

Die Frauenberatungs- und Kontaktstelle in der Kirchstraße bietet seit über 20 Jahren Hilfe für vergewaltigte und misshandelte Frauen. Aber wie sieht diese Hilfe eigentlich aus?

Es ist ein Umfeld wie es konträrer nicht sein könnte: in lockerer Folge reihen sich Handyladen, Internetcafé und Kneipe aneinander. Die Gäste: Männer. Und in Mitten dieser Männerwelt hält eine kleine, aber sehr wichtige Einrichtung die weibliche Fahne hoch: die Frauenberatungsstelle in der Kirchstraße 14 in der Altstadt.

Bereits seit über 20 Jahren existiert diese und leistet wichtige Arbeit für vergewaltigte und misshandelte Frauen. „Das hier ist ein Bermuda Dreieck in Sachen Männerwelt - es ist wichtig, dass wir uns als Frauenwelt proklamieren“, sagt Barbara Korsmeier, die seit 15 Jahren dort arbeitet.

Männer haben in der Beratungsstelle tatsächlich keinen Zutritt. Vehement kümmert sich das Fünf-Frauen-Team darum, diese Grundregel aufrecht zu erhalten. Dazu gehören neben Barbara Korsmeier Gisela Oberheide, Cennet Kor, Regine Kurumlu und Elsa Wedler. Es sei wichtig, dass die Frauen, die hier Hilfe suchen, wissen, dass sie einen geschützten Raum betreten.

Einen Rahmen, indem auch Anonymität und Schweigepflicht eine große Rolle spielen. Denn neben der Einzelberatung in der Einrichtung bieten sie auch eine telefonische Beratung an. „Gerade am Telefon haben wir die Möglichkeit Beratung zu bieten, ohne dass die Klientin persönliche Daten offenbaren muss“, sagt Korsmeier. Die Frauen haben bei jedem Gespräch die Möglichkeit sich einen Namen auszusuchen, mit dem sie angesprochen werden, wenn sie ihren echten nicht nennen wollen. „Das stellt eine Vertrauensbasis auf“, sagt Korsmeier.

Aber was für Hilfe ist das eigentlich, die die Beratungsstelle bietet?

„Wir sind alle im Bereich der Traumabewältigung ausgebildet und garantieren muttersprachliche Beratung“, sagt Korsmeier. In ihrem Team befinden sich eine türkisch- und eine russischsprachige Kollegin. Zusätzlich arbeiten sie mit einer Dolmetscherin zusammen.

„Die gleiche Sprache zu haben, ist wirklich ein großes Plus“, sagt Cennet Kor, die oft auf türkisch berät. Jedoch solle man die Vorteile der gleichen Sprache nicht mit der gleichen Kultur verwechseln. „Viele denken, was ihnen passiert, muss auch mir passiert sein - man darf die Probleme aber nicht übertragen“, sagt sie. „Die Aussage, dass die gleiche Kultur bei der Beratung hilft, stimmt einfach nicht“, ergänzt Korsmeier.

Die Themen, mit denen sich die fünf Beraterinnen ständig konfrontiert sehen, sind häusliche Gewalt, Vergewaltigung, Stalking und Zwangsheirat.

„Wir arbeiten auch viel und gut mit der Polizei zusammen“, sagt Gisela Oberheide. Diese biete Frauen, die bei häuslicher Gewalt den Notruf gewählt haben, eine Weiterleitung des Falls an die Beratungsstelle an. „Die Frauen können dann selbst entscheiden, ob sie die Hilfe in Anspruch nehmen wollen“, sagt Oberheide.

Doch die Zahlen zeigen, dass sich immer noch zu wenige Frauen für den Schritt zur Beratungsstelle entscheiden. So wurden 2009 nur ein Drittel aller polizeilicher Interventionen an die Beratungsstelle weitergeleitet. Von diesen 213 nahmen letztlich nur 142 Frauen tatsächlich die Hilfe in Anspruch.

Überhaupt sind Themen wie häusliche Gewalt oder Zwangsheirat schwierig. „Zunächst müssen die Frauen selbst aktiv werden“, sagt Kor. „Sie machen einen Prozess der Ablösung durch“, sagt Korsmeier, „die durchschnittliche Trennungszeit beträgt sieben Jahre, das wissen viele nicht. Doch diese Liebe-Hass-Beziehungen haben eine starke Dynamik.“

Die Nachhaltigkeit, so Oberheide, sei bei der Beratung besonders relevant. „Wichtig ist, dass wir jede Entscheidung des Opfers akzeptieren und sie dann begleitend beraten“, sagt Korsmeier.

Die Fünf unterstützen ihre Klientinnen mit einem sehr niederschwelligen Angebot, wissen jedoch auch um die schwierige Situation der Frauen. „Viele bleiben lieber in ihren alten, bekannten Verhaltensmustern“, so Korsmeier, „das ist für sie oft einfacher als ein Neubeginn“.

Auch die gesetzliche Lage hält sie für schwierig. Es sei zwar gut, dass es mittlerweile viele gesetzliche Regelungen gibt, doch gebe es „noch immer zu viele Schlupflöcher“ - gerade beim Thema Stalking. Umso wichtiger bleibt da die Arbeit der Beratungsstelle.