Gelsenkirchen.

Wenn sich heute in der Schauburg der Vorhang für die öffentliche Premiere von Frank Bürgins „Heimatabend – Die Gelsenkirchener Zeitreise“ öffnet, dann rückt dabei auch Werner Nickel in den Mittelpunkt.

Jener Werner Nickel, der als Stadtfilmker fast drei Jahrzehnte lang so etwas wie das Gedächtnis Gelsenkirchens war.

Noch heute schwärmt der 75-Jährige von seiner vielseitigen beruflichen Tätigkeit. Eine Tätigkeit, die ihm von 1965 bis 1994 faszinierende Einblicke, wertvolle Erfahrungen und viele persönliche Kontakte bescherte. Und eine Tätigkeit, die Gelsenkirchen mehr als 30 Filme bescherte, die Jahr für Jahr den Wandel der Stadt mit ihren aus heutiger Sicht rasant anmutenden Veränderungen und Brüchen dokumentierten.

„Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt der bis 1965 bei der Firma Glückauf u.a. als Dreher tätige Gelsenkirchener. Bis zur offiziellen Ausschreibung der Nachfolge von Stadtfilmer Hans Rotterdam hatte Nickel im Filmclub und – eher durch Zufall – bei Auslandsreisen des Männergesangvereins Heßler nach Brasilien oder Finnland zur Kamera gegriffen.

Er habe bei der Stadt nicht nur für eine technische Aufrüstung und Professionalisierung gesorgt, sondern auch eine eigene Handschrift in den Filmen entwickeln können: „Es war mir wichtig, mich auch mit den Inhalten und Hintergründen auseinanderzusetzen und nicht nur die Offiziellen zu zeigen.“

Besonders viel Freude habe er an kulturellen Terminen gehabt: „Da konnte ich mich austoben“, erzählt er und berichtet von zahlreichen Terminen im Halfmannshof oder Begegnungen mit bekannten Künstlern wie Günther Uecker. Trotz des Niedergangs der Industrie sei die Kultur ein wichtiges Standbein geblieben, erinnert er sich.

Unter dem Dach des bis zu zehn Mitarbeiter zählenden Presseamtes arbeitete er. Aber: „Ich hatte viele Freiheiten.“ Und gute Beziehungen: Dank der Unterstützung des Gelsenkirchener CDU-Mannes Günter Volmer konnte er zum Beispiel dem Papst 1987 im Parkstadion besonders eng auf die Pelle rücken.

Diese und alle anderen Höhepunkte der Gelsenkirchener Historie wurden jeweils jährlich zunächst dem Rat und dann in drei öffentlichen Aufführungen im Hans-Sachs-Haus, der Schauburg und im Horster Kino „Theater am Stern“ präsentiert. Anschließend konnten Vereine und Verbände den Stadtfilm „buchen“ und in ihren Sitzungen zeigen. Zunächst übernahm Werner Nickel die Vorführung, gab dies dann aber später wegen des großen Aufwands an die eigens angelernten städtischen Fahrer ab.

So schön, schön war die Zeit. Und so unschön endete die Stadtfilm-Ära Gelsenkirchens. Aus Spargründen erhielt seine Stelle, zu der u.a. auch das Fotografieren und das Erstellen einer Hörzeitung für Blinde zählte, einen kw-Vermerk – kann wegfallen. 1994 fiel sie dann auch weg: Werner Nickel ging vorzeitig in den Ruhestand.

„Es ist traurig, dass der Stadtfilm abgeschafft wurde“, sagt er. So hoch sei der finanzielle Aufwand nicht gewesen. Und: Ein „Loch“ sei nach 1994 entstanden. Man könnte auch sagen: Gelsenkirchen hat seit Werner Nickels Abschied sein Gedächtnis verloren.