Mit der traditionellen Gala, die einen musikalischen Vorgeschmack auf die kommenden Monate gibt, beginnt am morgigen Samstag im Musiktheater die Spielzeit 2010/11. Vor dem „Startschuss“ sprach Wolfgang Platzeck mit Generalintendant Michael Schulz.
Eine Woche nach „Feeds“ bringen Sie am 24. September im Großen Haus den „Mefistofele“ heraus. Wie ist der Stand der Proben?
Wir haben schon vor den Theaterferien gut zwei Wo-chen lang geprobt. Der erste und Teile des zweiten Aktes stehen. In der kommenden Woche stehen die Bühnenproben an, in der übernächsten Woche geht es nur noch um die Feinabstimmung.
Arrigo Boitos Oper gehört nicht eben zum Standardrepertoire unserer Bühnen. . .
Nein, in Deutschland ist „Mefistofele“ immer noch nur ein Geheimtipp. Ganz anders als in Italien, wo die Oper eigentlich immer fest auf dem Plan steht. Das Stück ist aber auch für viele Häuser nicht einfach zu inszenieren, vor allem wegen des großen personellen und zeitlichen Aufwandes, was die Chöre betrifft.
Gab es vielleicht auch Vorbehalte gegen das Werk?
Früher bestimmt. Nach dem Motto: Da hat sich mal wieder einer aus dem Welschen an unserem Goethe versucht.
Was fasziniert Sie an Boito?
Zum einen, dass der Mefistofele an der Bruchstelle zwischen der belcantristischen Tradition von Verdi oder Bellini und dem Verismo von Puccini, Mascagni, Leoncavallo steht. Die Musik ist sehr effektvoll komponiert und geht, was etwa die harmonischen Wechsel betrifft, weit über den Standard von 1868 hinaus. Zum andern verkörpert Boito einen neuen Typus des Komponisten, der zugleich Librettist ist. Boito, der beide Teile von Goethes Faust verarbeitet hat, kam von der Literatur, wollte auch Literatur schaffen. Er hat das Mefistofele-Libretto übrigens auch vor seiner Komposition veröffentlicht.
Wie ist die Nachfrage beim Publikum?
Seit der Spielplan bekannt wurde, erhalten wir von überall her Anrufe. Es gibt offenbar eine Boito-Gemeinde in Deutschland, die jeder Inszenierung nachreist.
Der „ganze“ Faust in einer Oper – wir lang wird denn der Abend?
Natürlich nicht der ganze. Boito hat beide Teile bearbeitet, hat zitiert, verändert, verdichtet. Die leider verloren gegangene Urfassung von 1868 an der Mailänder Scala dauerte allerdings geschlagene sechs Stunden. Die sieben Jahre später entstandene zweite Fassung ist entschieden kürzer, etwa zwei Stunden fünfzehn reine Musikzeit.
Als „General“ müssen Sie natürlich alle Produktionen der neuen Spielzeit schätzen. Aber als „Privatmann“ – haben Sie da einen persönlichen Favoriten?
Das ist wirklich eine ganz schwierige Frage, und von Favoriten möchte ich nicht sprechen. Allerdings hat mich Lortzings „Zar und Zimmermann“ seit Jugendzeiten beschäftigt, ich liebe dieses Werk einfach. Brittens „War Requiem“ ist einfach großartig, und Prokofjews „Liebe zu den drei Orangen“. . .
Am 12. September steigt wieder das Theaterfest. Diesmal auch wieder auf dem Theatervorplatz?
Nein, wie im Vorjahr bleiben wir mit allen Aktivitäten im Haus. Wir haben wohl daran gedacht, auch wieder nach draußen zu gehen, aber bei dieser Wettersituation war uns das einfach zu heikel.