Gelsenkirchen.

Der liberale Bundeswirtschaftsminister Brüderle bejubelt den „XL-Aufschwung“, die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen spricht von „bärenstarkeM Wachstum“ : Doch an Gelsenkirchens Industrie geht die Wirtschaftswende noch vorbei.

„Gelsenkirchen hinkt hinterher“, muss IHK-Geschäftsführer Christoph Pieper einräumen und verweist auf die Zahlen. Während bundesweit wieder eine Wachstumsquote von zwei Prozent verzeichnet wird, muss Gelsenkirchens verarbeitende Industrie im 1. Halbjahr 2010 gegenüber 2009 ein erneutes Minus hinnehmen: 7 %. Der Wirtschaftsmotor Industrie stottert in der Stadt. „Gelsenkirchen ist keine Industriestadt mehr. Diesen Prozess der Entindustrialisierung müssen wir stoppen“, fordert Pieper und verweist darauf, dass Gelsenkirchen, die einstige Stadt der 1000 Feuer, im IHK-Bezirk mit 1,5 Mrd. Euro Industrieumsatz im 1. Halbjahr 2010 gerade mal auf die gleichen Wert kommt wie die Behördenstadt Münster.

Gänzlich fatal wirkt sich aus, dass Gelsenkirchens Industrie, namentlich Maschinenbau, Elektrotechnik und Chemie, außerdem arg schwach auf der Brust im Exportgeschäft ist, das für den gesamten IHK-Wirtschaftsraum „stürmisch“ ist und gute Umsätze vor allem in Asien, Russland und Brasilien macht. Während der Kreis Recklinghausen etwa boomt, liegt der Exportumsatz in der Emscher-Lippe Region jetzt im Vergleich zu 2008 noch im Minus-Bereich von 9 Prozent, ins Gelsenkirchen gar bei minus 22 Prozent. Gegenüber dem Krisenjahr 2009 kommt Gelsenkirchens Export laut Pieper gerade mal auf ein kleines Plus von 1,4 Prozent.

Wer wenig exportiert hat nicht viel vom Aufschwung: Denn Gelsenkirchens Exportquote in der verarbeitenden Industrie liegt gerade mal bei 30,8 Prozent, in Recklinghausen zum Beispiel bei 48,5 Prozent. Und NRW-weit liegt die Quote bei 44 Prozent. Da ist schwacher Trost für Gelsenkirchen, dass die Exportquote in Bottrop etwa nur bei 13 Prozent liegt.