Im Vitrinenschrank stehen zahllose Pokale, Doch in der Schrebergartenanlage an der Wembkenstraßen treffen sich keineswegs Hobbykicker , sondern die Mitglieder des Reservistenverbands Gelsenkirchen, der in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert.
„Der Verband wurde seinerzeit auf Anordnung des Bundestages gegründet“, berichtet Karl-Heinz Dietz, der die Mitgliedsnummer „5“ innehat. „Und wir waren eine der ersten Ortgruppen, die sich gegründet haben.“
Die Anfänge verliefen beschaulich. Gerade mal ein knappes Dutzend ehemaliger Wehrdienstleistender fand sich zusammen. „Wir wurden aber schnell mehr“, erinnert sich Karl Faust, der ebenfalls von Anfang an bei den Reservisten aktiv ist.
Bis die Reservisten in dem Rotthauser Schrebergarten angekommen waren, hatten sie allerdings eine wahre Odyssee hinter sich gebracht. Nicht weniger als ein Dutzend Vereinsheime, meistens Gaststätten, wurden bezogen, bis man das nach dem Zweiten Weltkrieg als Nothaus errichtete Gebäude fand. „Besonders in Kneipen war man immer recht eingeschränkt, wenn man zum Beispiel Übungen in Waffenkunde durchführen wollte“, erklärt Karl-Heinz Dietz.
Denn obwohl nicht im aktiven Dienst, beschäftigen sich die Reservisten auch weiterhin mit dem Beruf des Soldaten. Auf dem Programm stehen immer wieder Übungen, die sich vom Manöver zum Teil nicht unterscheiden. „Erst vor kurzem hatten wir zum Beispiel Stationsausbildung zum Thema Leben im Feld mit allem was dazu gehört inklusive Zeltaufbau und dem Braten von Spiegeleiern auf dem Klappspaten“, berichtet Karl Faust.
Solche Übungen halten fit, denn die Reservisten melden sich auch immer wieder zu Einsätzen. „Viele der Auslandseinsätze der Bundeswehr wie zum Beispiel in Afghanistan oder in Bosnien wären ohne Reservisten gar nicht möglich“, weiß Gerd Richter vom Kreisverband. Die Armee verfüge nämlich gar nicht über das entsprechend ausgebildete Personal. „Die Qualifikationen, die die Reservisten im zivilen Leben erlangt haben, werden dringend gebraucht. Zum Beispiel Ingenieure oder auch Journalisten.“
Obwohl die Gelsenkirchener Reservisten derzeit noch rund 180 Mitglieder zählen („Gut, ein paar Karteileichen werden auch dabei sein“, meint Ingo Sobiegalla, der 1. Vorsitzende), macht der Nachwuchs den Soldaten große Sorgen. „Es ist wie bei allen Vereinen: Man findet kaum noch junge Leute, die sich engagieren wollen“, sagt Dietz mit einem Seufzen.
Die geplante Abschaffung der Wehrpflicht täte ihr Übriges. Doch nicht nur deshalb stehen die Reservisten wie Karl Faust dem Vorhaben kritisch gegenüber. „Ich finde, die Wehrpflicht sollte beibehalten werden, weil die Bundeswehr sonst gar nicht genug Personal bekommen würde. Man muss doch nur mal nach England oder Amerika schauen, wo zum Teil Gefängnisinsassen eingezogen werden, um überhaupt eine Truppe zusammenzubekommen.“