Gelsenkirchen. .

Dem schnöden Mammon ist es zu verdanken, dass Herbert Aschendorf (73) jedes Jahr aufs Neue in seinem Keller verschwindet. Seit 28 Jahren ist er beim Bürgerschützenverein (BSV) Schalke. Und seit 14 Jahren übernimmt der Jugendübungsleiter eine tierische Aufgabe: Er bastelt den hölzernen Adler, der beim allsommerlichen Vogelschießen dran glauben muss.

„So eine Spatz kostet immer eine ganze Menge“, sagt Aschendorf. In den Jahren zuvor hatte der Verein immer ein Exemplar eingekauft. Bis zu 700 Euro würden für so ein Federvieh aus Holz fällig. Von einem Bekannten hatte er sich dann damals eine entsprechende Schablone für einen Schützenadler ausgeliehen und „abgekupfert“. „Das Geld können wir uns sparen“, hatte er dann zu seinen Vereinskameraden gesagt und mit der Arbeit losgelegt.

Seitdem ist er auch für andere Vereine in den Keller gegangen. Mittlerweile bastelt er aber nur noch für seinen BSV Schalke. „Drei Monate dauert’s“, sagt Herbert Aschendorf über den Prozess. Auf der Rückseite des Vogels befindet sich ein Brett aus Weichholz. „Da wird der Körper langsam draufgeleimt“, sagt er. In vier Schichten wird das Holz aufgetragen, davon muss jede drei bis vier Tage trocknen. Dann kommt die dünne Spachtelmasse, mit der Herbert Aschendorf das Gefieder modelliert und seinem „Spatz“ Plastizität verleiht.

„Das ist schon ein Kunstwerk für sich“, sagt BSV-Vorsitzender Gerd Weigelt (74), der gleichzeitig amtierender Schützenkönig ist. Nach der Spachtelmasse kommen drei Anstriche: Braun für den Grundton, Gold für die Akzente, Rot für die Sprenkel. Gewogen hat er seine „Brut“ noch nie. „Ich schätze die Vögel auf 14 oder 15 Kilo“, sagt Aschendorf.

Wenn die Aspiranten beim Vogelschießen ihre Kleinkaliber-Geschosse in den Holzkorpus jagen, dann nimmt er noch mal an Gewicht zu. Schützen aus befreundeten Gelsenkirchener Vereinen beginnen morgens mit dem Vogelschießen und legen auf Zepter und Apfel in den Klauen und die Krone auf dem Kopf des Adlers an. Dann sind die Flügel dran. Und erst dann schießen die BSV-Schützen den König unter sich aus. Die nächste Gelegenheit, sich in den Adel zu „büchsieren“, ist das Schützenfest am 29. August. Die Inthronisierung erfolgt dann am 4. September.

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Wenn der Westfälische Schützenbund demnächst sein 150-jähriges Bestehen beim BSV Schalke feiert, muss Herbert Aschendorf gleich zweimal ran. Dann muss er einen „Spatz“ fürs Königsschießen und einen weiteren fürs Kaiserschießen anfertigen. Aber danach geht er nur noch für den BSV in den Keller: „Für unseren Verein werde ich den Vogel so lange bauen, wie ich da bin.“