Gelsenkirchen. .
Seit Jahrzehnten steigt sie den Kunden aufs Dach. Die Gelsenkirchener Dachdeckerfirma Grumpe feiert 125-jähriges Bestehen.
„Eigentlich“, sagt Heiner Grumpe und grinst hinter seinem wohlgeordneten Schreibtisch im Schalker Keller-Büro, eigentlich „betreiben wir das älteste Gewerbe der Welt“. Denn so lange der Mensch sich mit Behausungen vor Wind und Wetter schützt, deckt er auch Dächer. Seit – nach menschlichen Dimensionen – einer halben Ewigkeit gehen auch die Grumpes ihrem Handwerk nach.
Heiner Grumpe (60) vertritt die 4. Generation der Dachdecker-Dynastie, seine Söhne Sebastian (33) und Benedikt (28) sind auch seit 2001 und 2005 Meister und mit im Betrieb. Fünf Generationen und 125 Firmenjahre werden diesen Monat gefeiert. Am 28. Mai ist in der Propsteikirche St. Augustinus ein Dankgottesdienst geplant.
Zur Kirche, vor allem zu diesem Gotteshaus, hat die Familie eine enge Beziehung. Dacharbeit dort war sozusagen Familiensache. Heiners Großvater Heinrich und sein Vater Hans Josef Grumpe haben die Propsteikirche sozusagen zweimal eingedeckt: Vor dem zweiten Weltkrieg und nach 1945, als es darum ging, die großen Schäden zu beseitigen.
Auch das Augustinushaus hat seine Pfannen von den Grumpes aufgelegt bekommen. Da war schon der heutige Senior mit von der Partie. 1964 ging Heiner Grumpe in die Lehre, 1971 legte er die Meisterprüfung ab, seit 1984 ist er im Vorstand der Innung und seit 1995 ihr Obermeister.
Im Büro an der Haldenstraße dekorieren die Meisterbriefe die Wände. Hinter dem Schreibtisch des 60-Jährigen hängt die Ahnengalerie. Vereinter Handwerkerstolz. Dazu gesellen sich fotografische Beispiele handwerklichen Schaffens: Dächer, Dächer, Dächer. Neubau-Siedlungen in Bochum und Essen-Borbeck, etliche Kirchen in der Region, Schulen und Firmengebäude belegen die Tätigkeit der letzten Jahre. Und wachsende Vielfalt. Dachbegrünung, Solarthermie, Photovoltaik-Anlagen, Dämmung, Gauben- und Kaminbau gehören längst zum handwerklichen Repertoire. „Das geht bis zum Trockenbau. Man muss flexibel sein heutzutage“, sagt Benedikt Grumpe. Und man braucht wohl Gespür fürs Geschäft, um so lange erfolgreich zu bleiben
Der Beruf sei anspruchsvoller geworden, die Auswahl der Materialen geradezu unerschöpflich, die Vorgabe durch Normen schier unüberschaubar, finden die Meister. Früher gab es eine Sorte Hohlziegel, fertig. Früher, das war, als Engelbert Grumpe aus dem Sauerland nach Gelsenkirchen zog und 1885 ein Bedachungsgeschäft eröffnete. 1903 wurde er Obermeister. sein Sohn Heinrich bestand 1912 die Meisterprüfung und übernahm 1919 den väterlichen Betrieb. Dass Dachdecker einer durchaus riskanten Tätigkeit nachgehen, ist Vater und Söhnen durchaus bewusst: Am 9. Juni 1933 stürzte Heinrich Grumpe auf der Zeche Graf Bismarck tödlich ab.
Zehn Mitarbeiter hat der Betrieb heute und bildet regelmäßig aus. „Damit haben wir eine mittlere Größe in der Stadt“, sagt der Senior. Als für ihn die Berufswahl anstand, „wurde man nicht groß gefragt, was man werden will. Da hieß es einfach: Dachdecker. Und so bin ich Dachdecker geworden.“ Und auch bei den Söhnen war die Entscheidungsfindung Familiensache. „Wenn man damit aufgewachsen ist“, findet Sebastian Grumpe, „liegt das nahe“. Er wird künftig stärker den kaufmännischen Part übernehmen, sein Bruder die Regie auf den Baustellen. Und die 6. Generation? Ist schon auf der Welt. Berufswunsch? Noch offen.