Gelsenkirchen. .

Design-Kunst von 30 Künstlern gibt es in 30 Kiosken im Revier. Einer davon ist der von Haci Abdullah Candemir in Gelsenkirchen-Ückendorf. Dort verkauft er u.a. die „Pottlappen“.

Das liegt wohl auch ein bisschen im Blut: Bruder und Schwester von Haci Abdullah Candemir, dem Mann hinter der Kiosktheke in Ückendorf, sind Designer. Und als Drucker hat Candemir auch den Blick fürs Optische. So mag sich erklären, dass der 46-Jährige zu den 30 auserkorenen Kiosken im Ruhrgebiet gehört, in denen es die Kiosk-Design-Kunst gibt, also diese 30 kleinen, mal pfiffigen, mal kunstvollen, mal schrägen Design-Kreationen unterschiedlicher Künstler im Auftrage der Ruhr.2010 Kulturhauptstadt; etwa die „Helfenden Hände“ aus Gummi-Handschuhen, die Bierdeckel-Uhr oder die Badewannen-Stöpseldose. Oder die „Pottlappen“ aus derben Grubenhandtüchern der Essenerin Barbara Lange, für die Candemirs „Kiosk04“ Basis-Verkaufsstation ist.

Die Topflappen, sie sind wieder „aus“, Nachschub soll hoffentlich heute kommen. „Nein, das läuft wirklich gut“, zieht der 46-Jährige nach drei Wochen Designkiosk-Zeit Bilanz: „Die Leute sind wirklich begeistert. Selbst aus Hamburg und Berlin waren schon Kunden hier. Und manche kaufen gleich mehrere Sachen.“ Nur mit dem Nachschub, mit der Organisation klappe das nicht so wirklich gut. Andere Objekte wie die „Ruhrverlauf“-Brosche sind dabei aber auch schon ausverkauft.

Seit 1979 lebt Candemir in Deutschland und betreibt sein „Büdchen“ neben dem Vollzeit-Job bei der Druckerei Makossa gemeinsam mit seiner Frau. Eher heruntergekommen war der Kiosk an der Ückendorfer Straße 58, als er ihn übernahm. Heute ist er richtig chic, modern. Fast ein Tante Emma-Laden, liebevoll gestaltet. Mit „urdeutsch-traditioneller“ Süßigkeiten-Box, aber auch mit der Vitrine für Wasserpfeifen.

Ein Verschmelzer der Kulturen ist der Kiosk-Mann wohl. „Wenn man hier lange lebt, will man auch die Kultur der Deutschen kennenlernen“, erklärt er. Etwa, was es auf sich hat mit dem „Fensterrausguck-Kissen“, das in seiner Design-Box liegt. „Das Revier hat 2010 verdient“, sagt er und ergänzt: „Der Ruhrpott hat Deutschland aufgebaut“ Und hat im Zechensterben mehr Hilfe verdient.

Bei aller Begeisterung für die Kiosk-Kunst in seiner Bude, weiß Candemir nur zu gut, welche Klientel sich die Design-Dinge leisten kann und will. Und welche eben nicht „Die Leute hier im Umfeld haben andere Sorgen als 2010-Design“, betont er. „Schauen sie sich doch um“, verweist er auf marode Schulen, holprige Straßen, sanierungsbedürftige Häuserzeilen. „Zu mir kommen Schüler, die haben nur zwei Cent für Süßigkeiten in der Tasche.“