Gelsenkirchen. .
Gelsenkirchen ist eigentlich mit Ärzten überversorgt. Patienten klagen trotzdem oft über lange Wartezeiten. Und die Kassenärztliche Vereinigung macht sich Sorgen um die Zukunft - denn die Gelsenkirchener Ärzteschaft ist stark überaltert.
„Ärztelandverschickung“ plant FDP- Bundesgesundheitsminister Rösler, um den Mangel auf dem Land aus dem Topf der Ärzte-Überversorgung in den Städten zu lindern. Und in der Tat: nach Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung gibt es in Gelsenkirchen mehr Ärzte als der Versorgungsgrad zulässt.
Ärzteüberversorgung?!. Da können namentlich Kassenpatienten ein anderes Lied singen. „Wir haben in zwei Monaten einen Termin“, hören sie oft, wenn sie beim Hautarzt oder beim Orthopäden anrufen. Stunden muss man zudem im Wartezimmer verbringen, wenn es ohne Termin zwackt.
Die KV hat akribisch die Ärztezahlen und den Versorgungsgrad in der Stadt erfasst, der nach der Messzahl der Einwohner und der ärztlichen Fachrichtung ermittelt wird. Da liest sich die Überversorgung (in Klammern Soll-Zahl) wie folgt:
Hausärzte: 152 (123) 123 %
Augenärzte: 17 (13) 132 %
Frauenärzte: 30 (25) 122 %
Hautärzte: 10 (8) 136 %
HNO-Ärzte: 13 (11) 125 %
Kinderärzte: 16 (14) 122 %
Orthopäden: 14 (12) 120 %
Psychotherap.: 48 (30) 156 %
Radiologen: 7 (5) 137 %
Urologen: 11 (Soll 7) 156%
Bei 110 Prozent beginnt rechnerisch die Überversorgung. Doch Andreas Daniel, Pressesprecher der KV relativiert die Zahlen. Bei Hautärzten, Orthopäden oder Kinderärzten sind es gerade mal zwei Ärzte über dem Soll. Und das die Fachärzte zu wenig zu tun haben, kann man angesichts oft langer Terminwartezeiten nun wahrlich nicht sagen. „Der Bedarf der Patienten ist da. Der Andrang zu den Fachärzten ist groß“, so Daniel. 1800 Patienten hätten Augenärzte zum Beispiel im Quartal. Und wenn ein Arzt ein Viertel seiner Patienten quasi unentgeltlich behandelte, weil sein Budget überschritten , müsse man sich nicht wundern, wenn er zwischenzeitlich seine Praxis schlösse. Andererseits sagt Daniel: In anderen Ländern sind Wartezeiten von drei Monaten für einen Termin nicht ungewöhnlich.
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Von einer Ärzteschwemme will die KV also nicht reden. Sie macht sich eher Sorgen: Denn Gelsenkirchens Ärzteschaft ist stark überaltert. „Bedenklich“ sei, dass bei den Hausärzten ein Drittel über 60 Jahre alt ist, ein Dutzend davon bereits über 65. Bei den Hautärzten sind 40 % über 60, bei den Hals-Nasen-Ohren-Ärzten über 38 %: „Da kann es zu Versorgungsnotständen kommen.“
Die prozentuale Überversorgung führt zur Praxisschließung, falls der in Ruhestand gehende Arzt keinen Nachfolger findet. „Doch Gelsenkirchen liegt im Ballungsraum und ist dadurch attraktiv“, glaubt Daniel. Allerdings: Bei Kinderärzten etwa gebe es Nachwuchsmangel. Und zudem weiß der KV-Mann, dass grundsätzlich die Ärzte-Versorgung in sozial schwierigeren Stadtteilen schwächer ist.