Mit kaum mehr als Nichts in der Tasche zocken und alles auf den großen Gewinn setzen? Ja das geht, wenn man beispielsweise eine Gemeinde ist und als Mitwetter eine Bank, vornehmlich die Deutsche Bank, hat.

Allerdings ist das so eine Sache, mit dem Gewinn und den reellen Chancen bei dieser Wette um steigende oder sinkende Zinsen. Bitterböse Erfahrungen mussten - so der Bund der Steuerzahler - inzwischen bereits einige Kommunen im Land machen. Anderen drohen noch erhebliche Verluste aus diesem ungleichen Wettspiel, orakelt der Bund der Steuerzahler.

Die Rede ist von den „Swaps“, die auch die Finanzlage in Gelsenkirchen aufhübschen sollten, denn hier soll es - laut Umfrage des Steuerzahlerbundes - zwischen 1999 und 2008 immerhin acht Zinsswaps gegeben haben. Und daraus will Gelsenkirchen sogar 15,6 Millionen Euro ins Stadtsäckel geschwemmt bekommen haben. Gelsenkirchen also kein Verlierer? Damals nicht, hieß es jetzt dazu aus dem Rathaus. Allerdings tätigt die Stadt nach 2008 „nur“ sogenannte Zinssicherungsgeschäfte. Hierbei wird ein variabler Zins in einer Niedrigzinsphase nach Absprache mit der Bank auf eben diesem Niedrigzins für fünf oder zehn Jahre festgeschrieben. Pech ist, wenn der Zins weiter fällt, aber Gelsenkirchen habe bislang den richtigen Riecher gehabt. Trotz der dafür anfallenden Gebühren für die Festschreibung.

Bei den Swaps dagegen - den Wettspielen mit der Bank - werden langfristige Darlehen gegen Kurzdarlehen getauscht wobei die Gemeinde natürlich auf weiterhin sinkende Zinsentwicklungen hofft. Die Bank setzt dagegen auf steigende Zinsen. Dabei verfügt sie selbstverständlich über weltweite Informationen aus dem Geldmarkt, die den Kommunen überhaupt nicht zur Verfügung stehen.

Bei der Umfrage des Bundes der Steuerzahler sind von ihm seinerzeit 396 Kommunen in NRW bezüglich dieser Swap-Geschäfte angeschrieben worden. 90 Prozent hätten geantwortet und daraus wurde ersichtlich, dass sich immerhin 188 Kommunen erst gar nicht auf diese Zinsgeschäfte eingelassen haben. 160 Gemeinden haben allerdings zugegeben, diese Geschäfte getätigt zu haben, nur vier von ihnen räumten aber ein, dabei hohe Verluste gemacht zu haben: Mülheim, Remscheid, Moers und Hagen sprechen von Verlusten zwischen rund 101 000 und 27 Mio. Euro.

93 Kommunen - darunter eben auch Gelsenkirchen - wollen allerdings Gewinne gezogen haben: Der Bund der Steuerzahler hat am Wahrheitsgehalt mancher dieser Angaben aber seine Zweifel: Örtliche Medien hätten in einigen Fällen nämlich über ganz andere Ergebnisse berichtet.

Die Gefahr, dass sich die Gemeinden in diesem Spekulationsgeschäft verzockten, sei immens, warnt Eberhard Kanski vom Steuerzahlerbund NRW: „Swap-Geschäfte sind hoch spekulativ und äußerst komplex. Ich bin mir nicht sicher, ob alle Kämmerer und ehrenamtliche Mandatsträger diesen Herausforderungen gewachsen sind. Solche Zinswetten haben nichts im Rathaus verloren.“

Die Justiz ist in diesem Wettspiel bislang zweigeteilter Meinung. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Deutsche Bank zu 1,6 Millionen Euro Schadensersatz verurteilt und von einem „Glücksspiel mit ungleichen Mitteln“ gesprochen, „weil die Bank selbst das Spiel entworfen hat“.

Einige Kommunen, so auch Hagen, das 50 Mio Euro einklagte, unterlagen dagegen vor anderen Gerichten. Wegen schlechter Beratung hatte Hagen die Deutsche Bank verklagt, das Wuppertaler Gericht entschied jedoch: Die Stadt hätte in der Lage sein müssen, das Risiko selbst einzuschätzen.