Beim dritten Internationalen Drachenfest auf dem Consol-Gelände gingen 70 Drachenflieger an den Start. Teilnehmer aus Belgien und Frankreich
Der Weg zum Hummer führt vorbei an zwei Tauchern und zwei Delfinen. Die schwimmen, beziehungsweise tauchen aber nicht, sondern fliegen durch die Luft. Und auch das rote Tier mit den Scherenklauen flattert in ein paar Metern Höhe im Wind.
Beim dritten internationalen Drachenfest auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Consolidation („kultur.gebiet Consol”) schickten 70 Drachenflieger am Pfingstwochenende ihre stoffgewordenen Fantasien hoch hinaus in den Himmel. An drei Tagen drehte sich das Programm beim Flugmeeting „Himmelsstürmer & Nachtschwärmer” rund um die „luftigen Attraktionen”.
Der rote Hummer gehört Winfried Bösel (75) und Alfred Grunert (58) von den Drachenfreunden Lindenhorst aus Dortmund. Sie haben es sich auf der sonnenbeschienenen Wiese in ihren Klappstühlen bequem gemacht. Hinter den beiden zieht ihr rotes Mitbringsel artig an der Schnur. Damit ihr „Haustier” nicht wegfliegt, haben sie dessen Leinen im Rasen verankert. „Wir haben uns vor 16 Jahren gegründet, seitdem fahren wir mit dem Zeug durch die Gegend”, spielt Alfred Grunert das bunte Repertoire herunter. Die beiden haben unter anderem eine sechs Meter lange Eule und eine zwölf Meter lange Schnecke dabei. Alfred Grunert hat gerade ausgesprochen, da muss er aufspringen. „Ah, meiner geht baden!”, stürzt er sich auf einen anderen Drachen, der der Erde bedrohlich schnell entgegensinkt. „Zwischendurch ist der Wind gut, aber im Großen und Ganzen zu unbeständig, zu böig.”
Auch sein Drachenfreund Winfried Bösel wird unterbrochen, als er zu erzählen beginnt, dass bei ihm alles mit dem Basteln eines Drachen als kleiner Junge angefangen hat. Ein paar Kinder machen sich an dem Hummer zu schaffen. „Nicht festhalten! Nicht in die Schnur gehen! Die wickelt sich um den Hals”, hält er die Kleinen vom Leichtsinn ab. „Hinterher zieht der uns hoch”, erklären die ihre abenteuerliche Absicht.
Im Rund der zahlreichen Wohnmobile, unter Papageien, Seepferdchen, Schlangen, Fledermäusen und Kastendrachen, erzählt Veranstalter Arthur Skibb von ausgebüchsten Flugobjekten: „Gestern sind Drachen abgerissen und auf dem Friedhof St. Joseph in Schalke gelandet.” Die Friedhofsgärtnerei Singer hätte sofort geschaltet und sie zurückgebracht. „Das ist topp!”, lobt Skibb. Seine Bilanz: „Es ist der Teufel los! Wir hätten auch 95 Drachenflieger hier haben können, aber der Platz reicht nur für 70. Die Leute kommen bis aus Belgien, Frankreich und Holland. Jung und Alt sollen sich hier treffen, das ist ein Fest für Kinder mit Kindern und mit Erwachsenen.” Ein kleines Mädchen läuft mit ihrem gebastelteten Drachen vorbei. „Stehenbleiben!”, rät Skibb. „Der fliegt doch schon so!” Für einen Moment hört die Kleine, dann rennt sie wieder los.
Auch die „Gehörlosen Drachenfreunde Herne” sind mit ihrem Bulli da. Wolfgang Böhms Leidenschaft begann 1993 bei einem Ostsee-Urlaub, als er am Strand einen Drachen sah.
Auf der Wiese hat der Hummer wieder zugeschnappt: ein Lenkdrachen hat sich in seinen Schnüren verfangen. Winfried Bösel und Alfred Grunert müssen wieder hoch aus ihren Stühlen.