Der Wettbewerb auf dem Strom- und Gasmarkt zahlt sich offenbar aus: für die Anbieter, für die Kunden. Letztere sind in Wechselstimmung und haben der Gelsenwasser AG auf dem vergleichsweise neuen Geschäftsfeld einen enormen Aufschwung im Versorgungsgebiet beschert.

„Knapp 80 000 Kunden konnten wir für unsere Angebote bereits gewinnen“, sagt Manfred Scholle. Kein Wunder, dass der Vorstandsvorsitzende bei der Bilanzpressekonferenz von einem „gelungenen Einstieg in den Strom- und Gasmarkt“ durch das Unternehmen spricht. In Gelsenkirchen, so Scholle, „haben wir inzwischen die 10 %-Marke überschritten“.

Wechselstimmung

Maßgeblichen Anteil hat daran wohl – mit 50 000 Neukunden – „energiehoch3“. Die Gelsenwasser-Tochter bietet bundesweit als erstes kommunales Unternehmen Gas und Strom als Internetprodukt. Im Ergebnis ist die verkaufte Menge Erdgas um 4,5 Mrd kWh auf 10,2 Mrd gestiegen. Dreimal wurden beim Gas die Preise in 2009 gesenkt, zum Jahresbeginn zogen die Kurse allerdings wieder deutlich an. Allerdings, so Scholle, lägen sie immer noch unter dem Niveau von 2007 und im bundesweiten Ranking „preisgünstig im letzten Viertel der Tabelle“ (nämlich auf Platz 120 von 146 Versorgern). „Wir werden alles tun, die Preise so lange wie möglich stabil zu halten“, kündigte Scholle an – weiß er doch um mögliche Folgewirkungen. „Jede Preisveränderung führt dazu, dass Kunden wechseln. Die Quote liegt bei zwei bis drei Prozent.“ Unwägbarer ist für Scholle die Situation beim Strom für aktuell 23 000 Abnehmer. „Hier können wir nicht 100prozentig einschätzen, wie es bundesweit läuft.“

Preis-Stabilität gilt auch fürs Kerngeschäft: das Wasser. Trotz des Verbrauchsrückgangs blieb auch 2010 im fünften Jahr in Folge der Wasserpreis für die Hauskunden unverändert.

Die Wasserabgabe liege allerdings um 16,1 Mio m³ „deutlich unter den Absatzzahlen des Vorjahrs“. Verantwortlich dafür ist laut Scholle „allein die konjunkturbedingte geringere Abnahme unserer Industriekunden“ (75,5 Mio m³ = minus 17,5 Mio m³). Bei den Haushalten blieb die Abgabe mit 68,4 Mio m³ weitgehend gleich.

Bei der Stadtentwässerung stellt sich Gelsenwasser zunehmend kommunal auf, gleiches gilt beim Einstieg in den Energiehandel. „Nach nur einem Jahr managen wir nun den Einkauf von Erdgasmengen für acht Stadtwerke in Deutschland.“ Es können und sollen mehr werden. „Überall dort, wo Ausschreibungen erfolgen, werden wir Wege suchen und uns beteiligen. Wir sehen uns als Partner der Kommunen“, betont Scholle. Was ein Engagement in Gelsenkirchen ausdrücklich einbezieht.

Größere Baustellen hat Gelsenwasser vor der Tür: Für Ruhr Oel baut das Unternehmen im Besitz der Bochumer und Dortmunder Stadtwerke eine neue vollbiologische Kläranlage in Horst. Für 4,4 Mio Euro wird zudem bis Oktober 2011 die Zubringerwasserleitung für Neustadt, Horst, Schalke und Heßler in der Horster Straße erneuert.

Rund 549 000 Menschen in sechs Gemeinden versorgt allein die Betriebsdirektion Gelsenkirchen. Das Rohrnetz ist 1837 km lang. 2009 wurden in Netz und Infrastruktur 6,9 Mio Euro investiert.

Insgesamt bilanziert Gelsenwasser ein „gutes Ergebnis auf hohem Niveau“. Die Umsatzerlöse wuchsen um 126 Mio auf 673,4 Mio Euro. 1443 Beschäftigte (elf mehr als 2008, 86,3 Mio Euro Personalkosten) erwirtschafteten ein Ergebnis vor Steuern von 99.6 Mio Euro (+1,2 Mio Euro). Der Jahresüberschuss: 98,4 Mio Euro. An die Hauptaktionäre wurden 81,2 Mio Euro ausgeschüttet (+0,5 Mio Euro).