Gelsenkirchen.

In gewisser Weise ist es faszinierend, wie ein isländischer Vulkan Terminpläne in ganz Europa durcheinander bringt. Flugzeuge bleiben am Boden – was nebenbei einen kondensstreifenfreien und somit wahrhaft wolkenlosen Himmel am Wochenende bescherte – Züge sind überfüllt. Allerdings führen die Probleme im europäischen Luftverkehr zu ganz unterschiedlichen kleinen persönlichen Dramen.

Etwa bei Ian Jeffrey. Der Brite wollte eigentlich nur für einen Tag nach Gelsenkirchen kommen, um mit seinen deutschen Geschäftspartnern die Messe „Tube“ in Düsseldorf zu besuchen. Doch jetzt sitzt er im Maritim-Hotel fest. „Inzwischen musste ich mir neue Socken und ein bisschen Wäsche kaufen“, erzählt er. Denn für die eigentlich kurze Reise hatte er nicht besonders viel eingepackt: „Nur einen Anzug und zwei Shirts.“

Als Alternative könne er mit der Bahn die Heimreise antreten, doch das würde einer Odyssee ziemlich nahe kommen: „Zuerst müsste ich mit dem Zug nach Düsseldorf, von dort weiter nach Brüssel. Donnerstag morgen könnte ich dann den Euro-Star nach London nehmen, wieder umsteigen und in meine Heimatstadt nahe Manchester weiterreisen.“ Danach müsse er zum Flughafen der nordenglischen Metropole, um sein Auto abzuholen. „Einen Albtraum“ nennt Jeffrey das.

Ähnlich wie ihm geht es zur Zeit zahlreichen Reisenden. Das bekommen auch die Gelsenkirchener Reisebüros zu spüren: „Bei uns glühen die Telefone“, sagt Eva Materna von Erlebnis-Reisen Jung. „Aber viel können wir auch nicht machen. Meistens wollen die Menschen wissen, ob ihre Flüge überhaupt starten können. Aber das wissen wir ja auch nicht.“

Dennoch seien die Kunden sehr verständnisvoll, „Ärger gibt es nicht.“ Einige Kunden würden auch noch an ihrem Urlaubsort festsitzen. „Für die ist es aber bislang nicht ganz so schlimm gewesen“, glaubt Eva Materna: „Bis einschließlich Montag haben zwei große Reiseveranstalter die zusätzlichen Übernachtungen bezahlt.“ Doch ab heute müssten deren Kunden die Kosten selbst tragen. Verständlich, findet Materna, „denn irgendwann sind solche Hilfstöpfe ja auch leer.“

Nicht viel anders ist die Lage im Derpart Reisebüro Dr. Friedrich. „Wir haben natürlich Kunden, die eigentlich hätten fliegen sollen und dann umgebucht haben“, berichtet eine Mitarbeiterin. Dass touristische Kunden im Ausland festsitzen würden, davon wisse sie nichts: „Aber ein paar Geschäftsreisende kommen momentan nicht von ihrem Aufenthaltsort weg.“ Was Inlandsflüge betrifft, seien die Kunden gut vorbereitet, sagt Eva Materna: „Die haben die Flüge storniert und auf die Bahn umgebucht.“

Ian Jeffrey unterdessen versucht seinem unfreiwilligen Aufenthalt in Gelsenkirchen etwas Positives abzugewinnen: „Das Personal und die Leitung hier im Hotel sind unglaublich nett und hilfsbereit“, lobt der Brite. Zudem sei das Wetter in Gelsenkirchen in den letzten Tagen „absolutely brilliant“ und ein paar deutsche Bier habe er auch schon getrunken. Und vielleicht, so hofft er, kann er ja schon heute oder morgen auf die Insel zurückfliegen. Denn für diese beiden Tage hat er vorsichtshalber schon mal ein Ticket gebucht.