Eine 1,3 für das Bruder-Jordan-Haus. Mit so einer Bestnote lässt es sich prima leben, werben – und arbeiten.
Gut neun Monate nach dem Start des „Pflege-TÜVs“ für stationäre und ambulante Pflegedienste stehen die ersten Tranzparenzberichte für Gelsenkirchener Einrichtungen im Netz, wurden die ersten Bewertungen ausgehängt, finden sich die Noten auch in Verträgen bei Neuaufnahmen.
Widerspruchsverfahren
Für fünf Häuser liegen bislang Noten nach dem seit 1. Juli 2009 gültigen Kriterienkatalog vor. Weitere folgen bis 2011. Die Spanne reicht von 1,3 bis 4,3 (Haus Marienfried). Der Landesdurchschnitt liegt bei 2,5. Deutlich besser schnitt in Gelsenkirchen mit 1,9 noch das St. Vinzenz-Haus in der Altstadt ab. Anders als in Essen hat sich bislang keine Einrichtung gegen die Noten-Veröffentlichung vor Gericht gewehrt. Dort riefen sieben Häuser das Sozialgericht um „einstweiligen Rechtsschutz“ an. Allerdings sind aktuell zwei stationäre Einrichtungen im Widerspruchsverfahren.
Nach einheitlichem Muster hat der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) Westfalen-Lippe erst neun der 21 Gelsenkirchener Pflegeheime überprüft. Unangekündigt, wohlgemerkt. Zwei Tage lang checkten die Prüfer auch das Bruder-Jordan-Haus in Buer. Eine lange Prüfliste brachten sie zum Termin mit: Abgefragt wurden Betreuungs- und Freizeitangebote, die Qualität des Essens, bewertet wurden die medizinische und pflegerische Versorgung, soziale Betreuung, Hauswirtschaft und Hygiene, aber auch der Umgang mit Demenzkranken. Ausgewertet wurden Dienstpläne und Berichte. 10 % der 104 Bewohner wurden ferner „nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, um ihren körperlichen Zustand zu überprüfen“, so Einrichtungsleiter Markus Pudel.
Gerade bei der Versorgung Demenzkranker konnte das Haus mit seiner speziellen Pflegestation und der neuen Tagesbetreuung punkten, so Pudel, der die Wertung „als tolle Anerkennung der Arbeit“ aller Caritas-Mitarbeiter versteht. Das Ergebnis erklärt sich aus Sicht seiner Stellvertreterin Sandra Thoms auch durch konsequentes Qualitätsmanagement. Bestätigung dafür ist auch die zuletzt erteilte neuerliche Zertifizierung durch die externe Zertifizierungsstelle Mody International.
Kritik an den Kriterien
Das Wertungssystem der MDK-Prüfer ist durchaus umstritten. Kritiker monieren, dass die Kontrolleure Konzepte und Dokumentation der Pflege wichtiger nähmen als die Pflege selbst. „Wir gehen davon aus, dass der Vergleich für Ratsuchende eine gute Information ist. Natürlich gibt es die Diskussion, ob die Kriterien des Pudels Kern sind“, räumt auch Karl-Josef Steden, Sprecher der AOK Westfalen-Lippe ein. Entscheidend ist für ihn der Hinweis, „wie die Bewohner das selbst sehen“. In diesem Fall tröstet die 1.3 im Haus Marienfried über das insgesamt ausreichende Abschneiden etwas hinweg 4,3 im Gesamturteil, das war hart. „Wir haben auch Fehler gemacht. Aber die Note haben wir nicht verdient. Wir sind besser. Wir wissen, was wir machen, wir kümmern uns. Die Leute sind zufrieden“, steht für Leiterin Cornelia Thebille fest. Das Haus ist eine Großbaustelle, Konzepte sind in Überarbeitung. Das erkläre nicht alles, solle auch nichts entschuldigen, doch mit zwei Fünfen für Betreuung Demenzkranker und Alltagsgestaltung will sich Thebille nicht abfinden. „Wir haben entsprechende Angebote. Doch wenn sie nicht im Konzept stehen, finden sie offiziell nicht statt.“ Von der Heimaufsicht wurde das Haus nach dem MDK überprüft. „Die Bewertung, so Thebille, „ist gut ausgefallen“. Insgesamt attestieren die städtischen Kontrolleure lokalen Heimen „durchweg zufriedenstellende bis sehr gute Leistungen“.