Gelsenkirchen.
Sie ist Jüdin, er ist Moslem. Seit neun Jahren sind Stanislawa und Kastrijot ein Paar. Für ihre Liebe zwischen zwei Religionen haben sie ihre eigene Sichtweise entwickelt: In Glaubensfragen seien sie „doch im Grunde Cousins“.
Die beiden sind schwer verliebt. Jeder im Café kann es sehen. Der Blick. Die kurze, sanfte Berührung am Arm. Das Lächeln, das um den Mund spielt, wenn sie voneinander sprechen. Stanislawa Litvak-Krasniqi (25) und Kastrijot Krasniqi (27) sind seit neun Jahren zusammen und inzwischen auch verheiratet. Nichts Besonderes? Doch. Denn sie ist Jüdin, er Moslem. „Das hat für uns aber überhaupt keine Rolle gespielt“, sagt Stanislawa. „Jeder respektiert die Religion des Anderen.“
Angefangen hat alles, „wie es bei Jugendlichen eben so ist“, erzählt Kastrijot lachend. „Wir haben uns im Jugendtreff kennengelernt.“ Regelmäßig hätten sie sich dort mit Freunden getroffen, sich unterhalten, Billard gespielt, Musik gehört. „Irgendwann hat es dann gefunkt“, sagt die 25-jährige gebürtige Ukrainerin Stanislawa. Die Eltern hätten beide immer unterstützt. „Da kam nie ein negatives Wort, weil unser Partner nicht der gleichen Religionsgemeinschaft angehört“, erzählen die beiden. „Das hat alles erleichtert.“
Dass sie beide unterschiedlichen Religionen angehören ist den beiden nicht wichtig, ganz im Gegenteil: „Wir sind doch im Grunde Cousins“, sagt Kastrijot. „Alle drei großen Religionen glauben nur an einen Gott. Die wichtigsten Gebote sind die gleichen. Selbst viele Grundideen sind gleich.“ So dürften sowohl Juden als auch Moslems beispielsweise kein Schweinefleisch essen. „Dass sich die Religionen untereinander streiten und bekriegen finde ich blödsinnig“, sagt der 27-Jährige mit Nachdruck. „Deswegen darf sich unser kleiner Sohn später auch selbst entscheiden, welcher Religion er angehören möchte.“
Gemeinsame Feiern
Große Feste feiern beide zusammen. „Das ist unheimlich schön“, meint Stanislawa. „Zum Beispiel kommt beim Opferfest oder dem Zuckerfest die ganze Familie zusammen.“ Außerdem sei es unheimlich interessant, „auch mal die andere Seite kennenzulernen“, ergänzt Kastrijot. „Dabei habe ich festgestellt, dass einige Feiertage sich von der Idee her unglaublich ähnlich sind.“
Nur kirchlich geheiratet haben die beiden dann doch nicht. „Das hat aber nichts mit unserer unterschiedlichen Religionszugehörigkeit zu tun“, sagt Stanislawa. „Ich komme aus der Ukraine, Kastrijot aus dem Kosovo. Da gibt es völlig verschiedene Hochzeits-Traditionen, was zum Beispiel Tänze und Musik anbelangt.“ Um also keine Familie vor den Kopf zu stoßen, „hätten wir zwei Mal heiraten müssen. Und das wäre uns doch ein bisschen zu aufwendig gewesen.“ Stattdessen gab es eine „schöne kleine Feier mit den Eltern und den engsten Freunden, nachdem wir standesamtlich geheiratet hatten.“
Ob sie sich als Vorbild für andere betrachten? Kurzes Zögern, dann: „Vielleicht schon“, meint Kastrijot. „Aber ich bin sicher, dass es noch viel mehr Paare mit einer ähnlichen Geschichte in Deutschland gibt.“ Dennoch seien die Vorurteile auf allen Seiten immer noch stark. „Meistens heiraten doch eher Landsleute unter sich“, meint der 27-Jährige. „Aber das läuft doch nicht besser als anderswo. Da gibt es genauso viele Scheidungen. Toleranz ist das A und O. Dann funktioniert alles.“ Seine Frau drückt das etwas poetischer aus: „Wenn man zusammenhält und sich liebt, dann ist alles andere egal“, sagt sie und schenkt ihrem Mann ein Lächeln. „Man sagt ja, Liebe kennt keine Grenzen. Und das ist absolut wahr.“