Zwischen Leben und Leid, zwischen Geburt, Tod und Erlösung liegt ein ganzes, kurzes Menschenleben. Und runde zwei Meter Kunst-Strecke auf warmrotem Backstein. In Bronze gegossen für St. Thomas-Morus in Ückendorf, geschaffen von der Münsteraner Künstlerin Hildegard Schürk-Frisch (1915-2008).
Im linken Seitenschiff hat das Relief mit dem Kreuzweg Platz gefunden. Schlicht und ergreifend in der Ausführung. Passend zum Tabernakel, das die Künstlerin 1969 zur Aufbewahrung des Heiligstens Sakraments in Form eines Rundgitters schuf. Beide Plastiken wirken wie dahingegossen, wie Stücke, die beim Hochofenabstich auslaufen – und sind doch auf den zweiten Blick filigran gearbeitet. Figürlich, voller Mysterien und Botschaften.
„Ein Kind kam aus der Herrlichkeit seines Vaters, Gottes, und wurde Mensch. Durch den Beweis seiner Liebe, seiner Hingabe will dieser Christus das Gesetz der Liebe verkünden. Man verleumdet ihn, man hasst ihn, führt ihn vor den Richter Pilatus. Dieser erkennt in ihm zwar den Gerechten, aber auf Druck des Volkes gibt er ihn aus Feigheit zur Todesstrafe frei“, So deutete die Künstlerin selbst 1970 die linke Seite ihres Reliefs, das die klassischen 14 Kreuzwegsstationen in einem großen Bild vereint und dennoch mit Mut zur Lücke zur eigenen Interpretation führt.
Denn Hildegard Schürk- Frisch schuf ihre besondere österliche Erlösungsgeschichte, bindet bildlich das Abendmahl mit ein, zeigt die biblische Fußwaschung und natürtlich „Christus unter dem Joch des Kreuzes“. Spott und körperliche Schmerzen begleiten seinen Leidensweg – und Figuren mit expressionistischer Kraft. Schließlich ist „das Kreuz aufgerichtet. In das Kreuz hineingeschnitten ist der Gekreuzigte. Er hat sich vernichten lassen: ,So starb ich denn für Dich’“, hat Hildegard Schürk-Frisch über die Szene geschrieben. Und schließlich liegt Christus im Grab. „Tot. ein toter Mensch, wie jeder von uns einmal tot sein wird“, so die Künstlerin. Doch das ist bekanntlich nicht das Ende der Geschichte. Jesus überwindet den Tod und entsteigt dem Grab, „geht dorthin, woher er kam: zu Gott“.
Die „Etappen des menschlichen Lebens von der Geburt bis zur Erlösung“ zeigt das Relief für Pater Leo Rawalski (67). „Wir haben hier keinen traditionellen Kreuzweg. Das Pilgern von einer Station zur anderen passiert hier nicht“. Das Kunstwerk sei Besinnungsort, diene aber nicht dem Kult, nicht dem Gebet unterwegs. Kreuzwegandachten gab es in der vorösterlichen Fastenzeit jedoch jeden Freitag in St. Josef. „Im katholischen Bereich“, sagt der Franziskaner, „funktioniert das noch“, vor allem wenn sich Gruppen angemeldet haben. KAB und Kolping, Frauengemeinschaft und Jugendgruppen halten die Tradition hoch.
St. Thomas-Morus, am 19. November 1966 durch Ruhrbischof Franz Hengsbach konkretisiert, hat seit der Dekanatsneuordnung den Status der Filialkirche. Das kirchliche Leben läuft auf Sparflamme, maßgeblich wird es durch Ehrenamtliche getragen. Die dritte Kirche im Süden, Heilig-Kreuz, dieses Vorzeigewerk des Backsteinexpressionismus, hat dagegen als Gottesdienstort ausgedient. Für das Denkmal wird eine neue Bestimmung gesucht Auch die Kirche am Holtkamp ist seit 2004 Denkmal. Doch Ostern wird hier wie jeden Sonntag wieder der Gottesdienst gefeiert. „Die Liturgie in dieser Kirche ist sehr angenehm, die Kommunikation zwischen Priester und Volk ist sehr gut durch die räumliche Nähe“, findet Pater Leo. Die Altarwand von Theo Heiermann ist vor Karfreitag noch geschlossen, das Vortragekreuz von 1729 hat Küster Manfred Rupieper (80) mit einem lila Tuch verhängt. Ostern wird sich der Fokus wieder auf beide richten. Warum, wird in der Sakramentskapelle deutlich.