Gelsenkirchen.

Vier Wahlen fanden bzw. finden zwischen Juni 2009 und Mai 2010 statt. Das Superwahljahr entwickelte sich in der Politik aber auch zum Superwechseljahr. In allen fünf etablierten Parteien gab es nämlich Wechsel an der Spitze. Eine Bestandsaufnahme.

Die logische Konsequenz: Absturz bei der Kommunalwahl, Verlust des Mandats im Bundestag – der Rückzug von Wolfgang Meckelburg nach 22 Jahren an der Spitze der CDU war so unverzichtbar wie die Buttercreme auf dem Frankfurter Kranz. Und doch musste der 60-Jährige parteiintern offenbar noch ein wenig in Richtung politischer Ruhestand geschoben werden. Zum neuen CDU-Vorsitzenden Guido Tann gab es nach der Schlappe von Wolfgang Heinberg in der Fraktion in der personell ausgedünnten Partei keine Alternative mehr. Ob er das Ruder herumreißen und den am Boden liegenden Kreisverband wieder flott machen kann, daran zweifeln auch einige Christdemokraten.

(K)eine Überraschung: Nach dem großartigen Sieg der SPD bei der Kommunalwahl könnte man sagen: SPD-Chef Dietmar Dieckmann hatte den Zenit erreicht und sich deshalb auf dem Höhepunkt zurückgezogen. Das ist aber nicht die volle Wahrheit. Die beiden früheren Gegenkandidaturen (Atilla S. Öner und Manfred Leichtweis) und vor allem Dieckmanns durchwachsenes Ergebnis jüngst bei der Beisitzerwahl zeigen, dass der eher verkopfte wissenschaftliche Mitarbeiter der SPD-Landtagsfraktion im Unterbezirk Gelsenkirchen niemals unumstritten war. Ob es die traditionell kritischen Genossen auch Heike Gebhard schwer machen werden, wird sich erst nach der Landtagswahl zeigen.

Ruhe nach dem Sturm: Wird der Grüne Kreisverband künftig wieder deutlich im Schatten der Ratsfraktion stehen, wie es bis vor wenigen Jahren noch der Fall war? Es hat nach dem Wechsel der bisherigen Sprecherin Irene Mihalic in die Ratsfraktion den Anschein. Ruhiger ist es geworden um den bis zur Kommunalwahl so präsenten Kreisverband. Und: Die Kandidatur und Wahl der neuen Sprecherin Barbara Oehmichen kam ein wenig überraschend – hatte die frühere Verdi-Geschäftsführerin doch noch bei ihrer Wahl zur Beisitzerin im Mai 2009 darauf hingewiesen, dass sie nur über ein begrenztes Zeitbudget für die politische Arbeit verfüge. Und auch das ist nicht gerade ein Pluspunkt für die Strukturen vor Ort: Der zweite Kopf der Grünen-Doppelspitze, Robert Zion, hat seinen Schwerpunkt eher in der Bundespolitik.

Vom Vize zum Vorsitzenden: Die Wahl des FDP-Bundestagsabgeordneten Marco Buschmann zum Chef der unter Susanne Schaperdot als Partei zuletzt kaum stattgefundenen Liberalen in Gelsenkirchen hat kaum jemanden überrascht. Nach dem Fehlstart des Vorsitzenden (als Krisenmanager im Fall Liesmann) schickt sich die FDP nun an, endlich feste Strukturen aufzubauen. Die Kreisgeschäftsstelle soll ans Wahlkreisbüro von Marco Buschmann andocken, der Bezirksverordnete Hans-Joachim Roth die (ehrenamtliche) Geschäftsführung übernehmen. Ob das wirklich die Wende zum Besseren sein wird, bleibt angesichts der starken Beanspruchung Buschmanns in Berlin abzuwarten.

Und dann war da noch ... die Linke. Der Kreisverband wurde durch heftige interne Zerwürfnisse vom Landesvorstand jüngst zur Wahl eines Übergangsvorstandes angehalten. Ob die aktuellen Linke-Sprecher Bianca Thiele und Wolfgang Radner länger an der Spitze des Krisen-Kreisverbandes stehen und vor allem eine gewichtige Rolle spielen können, erscheint angesichts der Dominanz der Fraktion zweifelhaft.