Gelsenkirchen.

Gegen die Barrieren in den Köpfen und auf Straßen oder in Gebäuden kämpft Manfred Liebich schon lange an. Ab sofort wird der 71-Jährige dies auch in offizieller Tätigkeit tun: Liebich ist in Gelsenkirchen und Umgebung neuer Beauftragter des Bundesverbandes „Bereich Selbsthilfe Körperbehinderter“ (BSK).

Nach Arbeit muss der Bueraner nicht lange suchen. Fragt man Liebich nach Missständen, so ist er gar nicht mehr zu bremsen: Die („viel zu hohe“) Pforte des St. Marienhospitals in Buer, das („noch immer nicht wirklich behindertenfreundliche“) Musiktheater im Revier und die („ohne eine Behindertentoilette ausgestattete“) Markthalle sind nur drei von vielen Orten in Gelsenkirchen, an denen aus seiner Sicht dringender Handlungsbedarf besteht. Handlungsbedarf, den er auch konkret und hartnäckig einfordern will – unter anderem beim Oberbürgermeister, in dessen Sprechstunde er erst am Dienstag wieder war.

Trauriger Anlass

Der Anlass für die neue Funktion des Bueraners ist allerdings ein trauriger. Der 71-Jährige wird Nachfolger seiner kürzlich verstorbenen Schwester Rosemarie Liebich. Die Rollstuhlfahrerin hatte sich über mehrere Jahrzehnte in Gelsenkirchen nicht nur im BSK für die Belange von Körperbehinderten stark gemacht. „Sie hat mit durchgesetzt, dass unter Oberbürgermeister Werner Kuhlmann eine Vielzahl von Bürgersteigen in Gelsenkirchen abgesenkt wurden“, sagt Liebich.

Doch nicht nur durch seine Schwester weiß er um die Hürden für behinderte Menschen: Seine Frau Helga sitzt ebenfalls im Rollstuhl, seine erste Frau war blind. Und bei seinem früheren Arbeitgeber Veba Oel war er über viele Jahre Vertrauensmann der Schwerbehinderten.

Die Kostenfrage

Die Interessen der großen Gruppe von Körperbehinderten und in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen würden zu wenig berücksichtigt, kritisiert Liebich. Schon bei der Bauplanung müssten deren Belange stärker berücksichtigt werden. Den Verweis auf die leeren Kassen lässt er nicht gelten: „Alle späteren Veränderungen verursachen viel höhere Kosten“, sagt er.

Liebich weiß bei seinen Forderungen das Recht auf seiner Seite und verweist aufs Behindertengleichstellungsgesetz. Vertrösten lassen will er sich nicht: „Wir können nicht bis zum St. Nimmerleinstag warten, bis die Forderungen erfüllt werden.“ Was durchaus als Kampfansage zu verstehen ist.

Wahl gescheitert

Als (einziger) Vertreter der Interessen von Rollstuhlfahrern wollte sich Manfred Liebich nach der Kommunalwahl in den Beirat für Menschen mit Behinderung wählen lassen. Wie berichtet, scheiterte er damals nach heftigen Auseinandersetzungen in der Arbeitsgemeinschaft der Gelsenkirchener Behindertenverbände (AGB).