Gelsenkirchen.
Mit dem im Jahr 2000 gestarteten und 2003 in eine Regelförderung übergeleiteten Modellprojekt „Interkulturelle Erziehung in Tageseinrichtungen“ hat Gelsenkirchen bundesweit Beachtung gefunden. Nun geht die Stadt in Sachen Integration erneut in die Offensive.
In städtischen Kitas mit einem Migrantenanteil von 80 Prozent oder mehr, heißt: In 18 Einrichtungen soll zusätzlich jeweils eine interkulturelle (bilinguale) Fachkraft halbtags eingesetzt werden.
Diesen Vorschlag der Jugendverwaltung soll der Rat am Donnerstag auf den Weg bringen. Die Kosten in Höhe von 336 000 Euro sind im Haushaltsplan des städtischen Eigenbetriebs GeKita veranschlagt; Zuschüsse vom Land würde es dafür nicht geben. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir zusätzliche interkulturelle Fachkräfte dringend brauchen“, erklärt Jugendreferatsleiter Alfons Wissmann auf Anfrage der WAZ.
Vor allem in Kitas in Ückendorf, Bismarck und Hassel werde man das zusätzliche Personal einsetzen. Ein Schwerpunkt sei die Elternarbeit: „Die Erfahrungen zeigen, dass Kräfte mit türkischen Sprachkenntnissen einen besseren Zugang vor allem zu den Müttern haben“, so Wissmann. Und: Es kämen auch türkische Kinder in die Einrichtung, die kein Deutsch sprächen und sich selbst auf Türkisch schlecht verständigen könnten.
Beim Modellprojekt hatte die Stadt die Messlatte für die zusätzlichen Stellen noch bei einem Kita-Migrantenanteil von jeweils 50 Prozent angesetzt. Das sei inzwischen aber keine Besonderheit mehr, sondern spiegele lediglich die Geburtenquote wider, betont die Verwaltung. In den ausgewählten 18 Kitas gebe es aber noch weitere Probleme: So sei die Arbeitslosigkeit häufig sehr hoch und viele Familien seien sozial schwach und bildungsfern.
Und was ist aus den 2003 regulär eingestellten 24 interkulturellen Erzieherinnen geworden? Die mussten 2008 in den Mindestpersonalbestand der Kitas eingerechnet werden, um den Anforderungen des neuen Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) gerecht zu werden. „Den Einrichtungen fehlt dadurch eine wichtige zusätzliche Fachkraft“, so die Verwaltung.
Nach einem Ratsbeschluss am Donnerstag und der Verabschiedung des Haushalts wolle sich die Stadt ab dem 1. Mai auf die „relativ schwierige“ Suche nach geeignetem Personal machen, kündigt Wissmann an. Falls nicht genügend ausgebildete Erzieherinnen gefunden würden, wolle man auch Kinderpflegerinnen einstellen.
Für die Finanzierung dieses zusätzlichen Angebots will die Stadt keine anderen Leistungen einschränken oder gar abbauen. Dass das Land diese wichtige Aufgabe nicht fördere, könne die Stadt verschmerzen, so der Jugendreferatsleiter. Viel problematischer ist für die Verwaltung die grundsätzliche Haltung der Landesregierung bei den Elternbeiträgen.
Diese müssten aus Sicht des Landes 19 Prozent der Kosten abdecken, de facto seien es in Gelsenkirchen aber nur 11 Prozent. „Die fehlenden 8 Prozent überlässt das Land uns“, klagt Alfons Wissmann.