Auf den ersten Blick wirkt er wie ein ganz normaler Stromkasten, aber wenn man ihn dann öffnet sieht man etwas, was es so bislang noch nicht in Gelsenkirchen gegeben hat. Aus dem einst langweiligen Stromverteilerkasten am Betriebshof der Gelsendienste in der Adenauerallee 115 ist ein Leseschrank für Selbstbediener geworden.

Die Idee kam vom Betriebsleiter der Gelsendienste, der von der Existenz solch ungewöhnlicher Bücherschränke in anderen Städten gehört hatte. Die Werkstatt entfernte das alte Innenleben, baute und montierte ein paar Regalböden ein. Auszubildende der Gelsendienste machten die Metallkiste wind-und-wetter-fest und sorgten für eine Verankerung im Boden. Dean Bartusek, ein Schülerpraktikant, gestaltete den Kasten von außen mit Plakaten.

In dem Schrank liegen Vergangenheit und Zukunft eng beieinander. Und genau das ist der Sinn: Interessierte legen einfach ihre alten, nicht mehr benötigten Bücher hinein und nehmen sich im Gegenzug ein neues mit nach Hause. Bisher stehen an die 100 Bücher im Schrank. Unter ihnen befinden sich Hochkaräter wie „Inspektor Jury“ von Martha Grimes oder der 1997 in Deutschland erschienene Roman „Im Dunkeln lesen“ des irischen Autors Seamus Dean. Ebenfalls vorhanden sind Romane Karl Mays, doch auch für die junge Generation gibt es Schmöker wie „Star Wars“. Bei den meisten Büchern, die sehr gut erhalten sind, handelt es sich bislang um Krimis, aber daneben stehen auch Kochbücher, Sachbücher oder humoristische Werke z. B. von Ephraim Kishon. Ursula Perlich und Gisela Tilmann waren vom Bücherschrank der etwas anderen Art sofort hellauf begeistert. „Ich wollte doch eigentlich nur etwas hier abgeben“, erzählt uns Ursula Perlich. Auch Gisela Tiemann hatte nur durch Zufall einen Weg gefunden, ihre Bücher abzugeben: „Zum Wegwerfen sind sie mir zu schade“. Ein Buch nahm sie selbst mit: Die „Sternstunden des DDR Humors“. Der Buchverteilerkasten ist 24 Stunden am Tag für jedermann geöffnet.