Gelsenkirchen.
Die Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen sucht ausrangierte Bettlaken. Daraus sollen keine Fluchtseile gedreht werden. Sondern die JVA beteiligt sich, mit 16 anderen Haftanstalten im Ruhrgebiet, am 2010-Kunstprojekt „Schattenkultur“, bei dem sich Gefangene von ihrer kreativen Seite zeigen.
Ja: Die Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen sucht ausrangierte Bettlaken. So viele wie möglich. Rund 600. Und nein: Daraus sollen keine Fluchtseile gedreht werden.
Im Ernst: Mit „Scherz, Satire“ hat der Spendenaufruf nichts zu tun, an der Aldenhofstraße wird kein Stück von Christian Dietrich Grabbe gegeben, doch (Selbst-)„Ironie und tiefere Bedeutung“ hat das Projekt sehr wohl. Die JVA Gelsenkirchen beteiligt sich, mit 16 anderen Haftanstalten im Ruhrgebiet, am 2010-Kunstprojekt „Schattenkultur“. Auch die sogenannten „Knackis“, die eben keine sprichwörtliche „weiße Weste“ mehr haben, sollen sich im Kulturhaupstadtjahr von ihrer kreativen Seite zeigen und der Außenwelt einen Einblick in das Leben hinter Gittern vermitteln.
Schmutzige Wäsche
Die Ausgangsidee des von JVA-Leiter Julius Wandelt und dem niederländischen Künstler Aloys Cremers entwickelten Gelsenkirchener Beitrags „Alba – weiße Schatten“: In einem „Knast“ wird täglich – real und im übertragenen Sinne – viel „schmutzige Wäsche“ gewaschen. Der Resozialisierungsprozess während der Haft soll helfen, die Flecken auf den eben nicht mehr weißen Westen (wenigstens weitgehend) zu tilgen.
Flecken auf weißem Grund entfernt man am besten mit einem Bleichmittel (lateinisch: Albator). Das Wort „bleichen“ ist verwandt mit „blanc“, womit in romanischen Sprachen weiß oder farblos gemeint ist. Im Deutschen wiederum ist „blanc“ zu „blank“ im Sinne von „klar“, „rein“ geworden. Eine „reine Weste“.
Kunst „draußen“
Ob die überhaupt jemand hat, sei dahingestellt. Bei der Kunstaktion, die vorwiegend „draußen“ stattfindet, sollen jedenfalls die Insassen der JVA Gelsenkirchen unter Anleitung von Aloys Cremers die reinen Laken (die weißen Westen) je nach Gusto beflecken, verunreinigen.
Die Bettlaken werden anschließend zu neun langen Stoffbahnen zusammengenäht. 60 Tücher aneinander ergeben eine Länge von rund 120 Metern – macht insgesamt mehr als einen Kilometer. Außerdem sollen die Bediensteten der JVA nach Möglichkeit selbst so viele Laken beflecken, dass sich eine eigene Bahn ergibt.
Fotos vom Ergebnis
Das alles muss dann natürlich wieder gereinigt, gebleicht werden, und zu diesem Zwecke werden die Bahnen in einem gemeinsamen Zug zum Sportplatz der Anstalt getragen, wo sie, kunstvoll aufgefächert, ein paar Tage lang Sonne, Wind und Wetter ausgesetzt sind. Am Ende der Bleiche, deren Ergebnis aus der Luft fotografiert werden soll, werden die Bahnen in das alte Hafthaus in Moers transportiert und dort in geeigneter Weise ausgestellt.
Ausgediente Bettlaken können beim Pförtner der JVA, Aldenhofstr. 99-101, mittwochs bis freitags zwischen 9 und 15 Uhr abgegeben werden. Die „Malaktion“ soll am 27. März beginnen.