Gelsenkirchen. .

Ulrich Tittelbach reiste mehrfach in die Republik Südafrika und nahm an Workshops zum Thema Public Viewing und Sicherheit rund um die Stadien teil. Mit dem Chef der Feuerwehr Gelsenkirchen sprach Tina Bucek.

Herr Tittelbach, sie waren mehrfach in Südafrika. In welcher Mission?

Tittelbach: Na Urlaub war das nicht. Die Oberbürgermeister der deutschen Austragungsorte der WM 2006 haben im Rahmen des Deutschen Städtetages eine Partnerschaft mit den südafrikanischen Kommunen ins Leben gerufen, die 2010 dieses Ereignis organisieren werden. Ziel ist es, dass die Kollegen am Kap von den Erfahrungen profitieren können, die wir bei der Fußball-WM 2006 gemacht haben. Beteiligt an dem Beratungsprogramm, das von der deutschen Firma Inwent im Auftrag der Bundesregierung organisiert wird, sind alle Fachsparten, die an der Durchführung der WM beteiligt waren: Planer für Stadien, Verkehrsplaner, Lebensmittelkontrolleure, Ordnungsämter, die Feuerwehren sowie Rettungsdienste. Ich habe in Johannesburg, Durban und in der Kapregion an Workshops teilgenommen und mit südafrikanischen Kollegen an verschiedenen Themen u.a. zur Sicherheit von Stadien, zum Public Viewing gearbeitet.

Was waren die Knackpunkte?

Südafrika ist nicht Deutschland. Das Land ist dreimal so groß, hat aber nur halb so viele Einwohner. Die Feuerwehren gerade in kleineren Kommunen arbeiten mit deutlich kleinerer Besetzung. Da muss man sich anders auf große Menschenansammlungen vorbereiten. In unseren Gesprächen ging es darum, wie man die Kräfte koordinieren kann, wer in welchem Fall wann wo eingeschaltet wird. Ich muss sagen: In Sachen Bürokratie steht Südafrika Deutschland in nichts nach. (lacht)

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

Wir haben Szenarien durchgespielt. Was passiert m Falle eines Terroranschlages, was, wenn in einem Stadion eine Panik ausbricht. Wir haben Listen mit Ansprechpartnern erstellt, aber auch ganz praktische Tipps gegeben, etwa, dass gläserne Trinkgefäße bei Public-Viewing-Ereignissen zu herben Verletzungen führen können. Ich denke, da haben wir vielen Kollegen die Augen öffnen können.

Viele Fans haben Angst vor der hohen Kriminalitätsrate: In Südafrika passieren immer noch täglich 50 Morde. Wie schätzen Sie die Gefahr ein?

Ich würde nicht nachts allein in ein Township fahren. Ich würde auch nicht offensiv mit Schmuck, Kamera und Laptop behängt über Tag in einem Township herumspazieren. Ja, die Kriminalität ist ein Problem, aber die Südafrikaner arbeiten massiv daran, und wenn man sich an die üblichen Regeln hält, dann kann man die Gefahr minimieren.

Sind die Feuerwehren da unten denn auf dem neuesten Stand?

Die Kollegen sind total fit. Und technisch bestens ausgestattet. Sicher, manche Dinge laufen anders. In einem Krankentransporter dürfen zwei Verletzte transportiert werden, und den Sanitätern ist es erlaubt Tropfinfusionen zu legen. Was ich in Südafrika erlebt habe, ist hohe Profesionalität. Die wissen, worauf es ankommt.

Aber ein bisschen Glück gehört auch dazu, oder?

Sicher. So war es ja in Gelsenkirchen auch. Wir hatten ja an Spieltagen zum Teil 200 000 Menschen mehr in der Stadt, als sonst. Das war schon ein Kraftakt. Natürlich waren wir gut vorbereitet. Aber passieren kann immer etwas. Einmal dachten wir, es käme zum Schlimmsten, es würde ein Virus unter den Fans ausbrechen, dabei hatten sich nur ein paar Unvorsichtige den Magen an mitgebrachtem schlechtem Fleisch verdorben.

Die Fußball-WM war in Gelsenkirchen ein rauschendes Fest: Kriegen die Südafrikaner das auch hin?

Afrika ist nicht Europa, das muss man wissen, wenn man sich auf das Ereignis einlässt. Aber die Begeisterung der Menschen für Fußball ist riesig, überhaupt ihre Lebensfreude. Die Südafrikaner sind ein unheimlich freundliches Volk. Und was die logistische Seite angeht: Die Stadien sind fertig und in einem fantastischen Zustand, das Land ist gut vorbereitet. Ich bin absolut optimistisch: Die schaffen das da unten!