Dass die unkaputtbaren Schubladen E- und U-Musik überflüssiger Unfug sind, bewies die Neue Philharmonie Westfalen nachdrücklich beim 6. Sinfoniekonzert im Großen Haus des Musiktheaters. Auf dem Programm standen Werke, die virtuos die Welten von Klassik, Jazz und Folklore verbanden.
Ein Paradebeispiel: George Gershwins 1925 uraufgeführtes „Concerto in F“ für Klavier und Orchester. Der Komponist verbindet die Sonatenhauptsatzform mit Jazz- und Ragtime-Rhythmen, kombiniert bluesige Expressivität mit romantischer Melodik. Auch gut 84 Jahre nach seiner Uraufführung hat dieses Werk nichts von seiner faszinierenden Vitalität und mitreißenden Dynamik eingebüßt. Solist Oliver Triendl lieferte am Klavier eine fulminate Leistung ab, vor allem, wenn man bedenkt, dass bei der üblichen Pianistenausbildung Jazz-Harmonik, -Rhythmik und -Phrasierung praktisch keine Rolle spielen. Dass Solist und Orchester nicht immer komplett synchron agierten, war ein zu vernachlässigender Schönheitsfehler.
Als konsequente Weiterentwicklung von Gershwins Ansatz kann man Andrei Eshpais Konzert für Orchester Nr. 1 betrachten. Das 1966/67 entstandene Werk orientiert sich an der barocken Konzertform und stellt dem Orchester eine Solistengruppe gegenüber. Elemente der Neuen Musik werden hier aufs Virtuoseste mit Jazz, lyrischen Passagen und brachialen Rhythmen verquickt. Philharmonie und Solisten (Neyko Bodurov/Trompete, Torsten Müller/Vibraphon, Hyun-Joo Oh/Kontrabass und abermals Oliver Triendl/Klavier) liefen unter dem präzisen Dirigat von GMD Heiko Mathias Förster zu Höchstform auf.
Nach der Pause folgten Leonard Bernsteins „Sinfonische Tänze“ aus der „West Side Story“. Nach anfänglichen rhythmischen Unstimmigkeiten ließen Förster und das Orchester die Partitur in allen Farben schillern und erzeugten gerade in den stilleren Momenten eine so ungeheure Spannung, dass sich anschließend niemand traute, zu applaudieren.
Ein aufpeitschender Abschluss waren Alberto Ginasteras Tänze aus dem Ballett „Estancia“ - ein rhythmisches Feuerwerk, das einen aus dem kalten deutschen Winter in die sonnige Pampa Argentiniens versetzte.