Gelsenkirchen. .
Die Arbeit an einer Ausstellung ist immer ein „Work in Progress“. Wirklich „fertig“ wird man nie, irgendwann muss einfach ein Schlusstrich gezogen, muss das Zusammengetragene dem Publikum präsentiert werden.
Für die Leiterin des Kunstmuseums, Leane Schäfer, war dieser Zeitpunkt gekommen, als das Dortmunder Ostwall-Museum die vor langem erteilte Zusage, einige Werke der kinetischen Kunst für die mit den RuhrKunstMuseen abgestimmte Gelsenkirchener Sonderschau im Rahmen der Kulturhauptstadt-Aktivitäten auszuleihen, zurückzog. Weil das Haus am Ostwall demnächst eine eigene Kinetik-Abteilung einrichten will. „Vielleicht hätte aber auch zu viel restauriert werden müssen“, nimmt Leane Schäfer ihre Dortmunder Kollegen in Schutz.
Denn Technik hat nun mal ihre Tücken. Ursprünglich hatte das Kunstmuseum, das einer der bedeutendsten Kinetik-Sammlungen in Deutschland besitzt, die Sonderausstellung für Anfang des Jahres vorgesehen. Doch die Sanierungsarbeiten am Haus, der Einbau moderner Alarm- und Brandmelder zogen sich hin wie Gummi; aus den Zeitplänen wurde Makulatur.
Ein anderes Technik-Problem wog (wiegt) schwerer. So unterschiedlich, so vielfältig kinetische Kunst auch ist – alle Arbeiten haben eines gemein: unverzichtbarer ästhetischer Bestandteil ist die Bewegung. Was nützt das schönste Objekt, wenn man feststellen muss: „und es bewegt sich doch nicht“. Weil ein Elektromotor den Geist aufgegeben hat, ein Relais durchgeschmort, ein Lager defekt ist.
Einige Ausleihen, die Leane Schäfer gern getätigt hätte, scheiterten eben an der fehlenden Bewegung. Oder an dem Aufwand, diese Beweglichkeit für die Dauer der Ausstellung zu garantieren. Eine von der Duisburger „Küppersmühle“ angebotene Arbeit von Rebecca Horn hat die Museumschefin ablehnen müssen. Transport, Versicherung, permanente Wartung – zu aufwändig, zu teuer. (In Duisburg wird ein anderes Kinetik-Werk Rebecca Horns übrigens sogar von einem eigenen Team betreut.)
Umso eindrucksvoller ist das, was jetzt in der erweiterten Kinetik-Sammlung zu erleben ist. 70 Werke sind normalerweise in der 1993 eingerichteten Abteilung zu sehen – 30 sind dazugekommen. Einige – hier hat sich der im Zuge von 2010 entstandene Verbund der RuhrKunstMuseen schon bewährt – aus Marl und Recklinghausen. Gut 20, die meisten von ihnen noch nie gezeigt, lagerten bisher im Depot des Museums, eben weil sie sich nicht bewegten, erst penibel restauriert werden mussten. „Ein kinetisches Werk ist wie ein lebender Organismus“, sagt Leane Schäfer, „und muss seiner Krankheit entsprechend be-handelt werden.“ Eingriffe bei einem Kunstwerk sind heikel. Manchmal reichen die einschlägigen Sani-Erfahrungen des Haustechnikers, manchmal muss das Werk in die Klinik (Werkstatt), manchmal kann nur noch der Künstler selbst helfen. Wenn es überhaupt noch Ersatzorgane gibt.