Gelsenkirchen. .
So dürfte es drei Wochen nach den heftigen Regenfällen auch noch in vielen Kellern riechen. Die Luft ist muffig, feucht, man meint den Schimmel förmlich einzuatmen. Im Hochbunker An der Friedweide in Horst ist die Luft immer so. Dort kommt niemand zum Lüften vorbei. Das erfuhren 33 WAZ-Leser am eigenen Leib.
Im zweiten Stock ist schon Endstation. Reinhard Lindt (56), Teamleiter Bevölkerungsschutz bei der Feuerwehr und „Bunkerbeauftragter“ bricht die Führung durch das viergeschossige Gebäude ab. Niemand protestiert. Waren die Temperaturen im Parterre noch angenehm kühl, erschweren sie den Lesern im zweiten Stock schlagartig das Atmen. Es ist so stickig, dass drei von ihnen an die frische Luft „fliehen“, noch bevor Reinhard Lindt den Rest der Gruppe wieder nach unten führt: „Wir hören hier auf. Die nächsten zwei Stockwerke sehen genau so aus.“
Durch zwei schwere Stahltüren - 40 Zentimeter dick - waren die Besucher ins Innere des mehr als zehn Meter hohen Koloss gelangt. Wer Inventar erwartet hatte, wurde enttäuscht. Weiß getünchte, ansonsten kahle Wände, bestimmten das Bild - gähnende Leere. Von der Kloschüssel im „Foyer“ mal abgesehen.
Hans Dieter Hohmann (70) war schon mal hier - vor 66 Jahren, als Vierjähriger. „Das sind meine ersten Kindheitserinnerungen. Bis jetzt habe ich aber noch nichts wiedererkannt. Hier haben Doppelstockbetten gestanden. Bei Einschlägen in der Nähe haben alle Frauen im Bunker geschrien“, sagt der Leser.
1153 Menschen konnten (und können) An der Friedweide hinter zwei Meter dicken Wänden Schutz suchen. „Die Wände sind von innen nur verputzt. Dahinter sitzen die ersten Stahlplatten“, sagt Lindt. Ein Stockwerk gleicht dem anderen. Durchgänge und Treppen sind mit fluoreszierenden Streifen versehen. Als Reinhard Lindt kurz den Strom abschaltet, geben sie leuchtend Orientierung. Im ersten und zweiten Stockwerk sind die „sanitären Anlagen“ - dort gibt es WCs und Waschbecken, abgetrennt durch schwere Planen.
Im Lüfterraum erfahren die Leser etwas über die Technik, mit der die Schutzsuchenden im Krieg mit Sauerstoff versorgt und vor Partikeln von außen geschützt wurden. Fiel das System aus, blieb der Handbetrieb mit Kurbel.