In der Hartmannstraße in Rotthausen sieht es wüst aus. Vor den Häusern Nummer 23 bis 27 ist der Boden weggesackt. Die Wassermassen von Samstag haben dort die Erde um die Kellerfenster ausgespült - der Blick fällt auf das kahle Mauerwerk.
Mehrere Container für Bauschutt stehen vor den Häusern. Den Müll, der nicht mehr reinpasste, haben die Anwohner an den Straßenrand gestellt. Müll, der angefallen war, nachdem das Unwetter während des WM-Viertelfinals über die Stadt hereingebrochen war. In der Hauptsache liegen dort Möbel und Elektrogeräte, die jetzt Schrott sind. Die Anwohner der Hartmannstraße und Umgebung hat es besonders hart erwischt. Dort standen nicht nur Keller, sondern auch Erdgeschosse unter Wasser. Sechs Wohnungen sollen zurzeit unbewohnbar sein. Mit 20 Einsatzkräften und fünf Großeinsatzfahrzeugen war das THW unterwegs und pumpte bis 6 Uhr morgens das Wasser aus 20 Häusern.
Bei Tanja Stappenbeck (37) in der angrenzenden Gottfriedstraße staute sich das Regenwasser im Keller bis zur Decke, in Wohnzimmer und Küche pegelte sich der Wasserstand bei etwa 20 Zentimetern ein. Sie rechnet mit 25 000 Euro Schaden: „Wir sind nach dem Unwetter im letzten Jahr jetzt zum zweiten Mal abgesoffen. Die Hartmannstraße stand einen Meter unter Wasser. Die Stadt muss was machen. Wir können ja nicht jedes Mal absaufen, wenn es feste regnet.“
Nun hat es am Samstag nicht nur feste geregnet. Die Statistik spreche in so einem Fall von einem Jahrhundertregen, sagt Gelsenwasser-Sprecherin Heidrun Becker. Und das Unwetter von Samstag war sogar ein doppelter Jahrhundertregen. Laut Becker sind die Kanäle für 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter in der Stunde ausgelegt - was einem Jahrhundertregen entspräche. Mit dieser Menge komme das System klar. Allerdings seien am Samstag am Pumpwerk Altstadt an der Schwarzmühlenstraße 50 Liter in 30 Minuten gemessen worden. Die neun Pumpen der Emschergenossenschaft, die das Wasser aus der Kanalisation in den Schwarzbach leiteten, seien innerhalb von elf Minuten auf Volllast gelaufen.
„Mit solchen Regenmassen wird kein Netz der Welt fertig“, sagt Rainer Marquas, Betriebsleiter der Stadttochter Gelsenkanal. Trotzdem wolle man die Situation vor Ort in der nächsten Woche analysieren und mit Anwohnern reden. Ein Abteilungsleiter sei bereits vor Ort gewesen.
Die bauliche Situation trägt ihr Übriges zur Katastrophenstraße bei. Leicht abschüssig und mit einer Zechenmauer vor Kopf ist die Hartmannstraße wie ein Kessel, in den das Wasser reinläuft. „Das wissen wir. Aber da muss man doch was machen können“, sagt Tanja Stappenbeck. Heidrun Becker: „Da müsste baulich ganz viel passieren.“