Gelsenkirchen. In einer Düsseldorfer Kunstgießerei arbeitet der Bildhauer Markus Lüpertz an der 18 Meter großen Herkules-Skulptur, die in Gelsenkirchen-Horst im Oktober auf den Nordsternturm der THS gehievt werden soll.

„Wenn man ihn in 100 Meter Höhe sehen will, muss er schon eine Dimension haben, die man von unten auch sehen kann“. Wahrhaftig. Markus Lüpertz, der 69-jährige Bildhauer steht zwischen den monströsen, silbrig-schimmernden Waden seines „Herkules“. Bis übers Knie messen die Beine wohl an die fünf Meter. 18 Meter sind’s vom Scheitel bis zur Sohle, wenn Held Herkules ab Herbst den Glaskubus der THS-Zentrale im Nordsternpark krönen soll.

Der „Meister“ selbst hatte zusammen mit der THS als Auftraggeber der Monumental-Plastik für ihr 14 Millionen- Euro-Turmprojekt am Nordsternpark in die Düsseldorfer Kunstgießerei Schmäke geladen, seit Jahrzehnten des Künstlers Haus-und-Hof-Werkstatt und Atelier zugleich. Die Menschen in Gelsenkirchen sollen schließlich teilhaben an der „Wiederauferstehung“ des Helden griechischer Mythologie, der gelinde gesagt nicht ganz unumstritten ist. „Dass Kunst provoziert, ist Alltag. Aber es ist keine gewollte, gezielte Provokation“, bleibt Lüpertz, gestählt aus manch öffentlichem Diskurs, gelassen.

AMarkus Lüpertz in seinem Atelier
AMarkus Lüpertz in seinem Atelier © WAZ FotoPool

Löwen hat er erlegt, die neunköpfige Hydra getötet, den kretischen Stier eingefangen und die Ställe des Augias ausgemistet: In der Düsseldorfer Gießerei stehen bislang nur Herkules’ zusammengeschweißte Beine. Mächtig, kräftig, voluminös. In den Werkstätten werden weitere Teile mit Kranwinden aufein-andergesetzt und verschweißt. Aus 240 gegossenen Aluteilen entsteht die Skulptur. Ein Kunstpuzzle: „Ich hoffe, wir haben alle Teile richtig nummeriert“, meint Karl Heinz Schmäke, der 66-jährige Kunstgießer, der seit Jahrzehnten mit Lüpertz zusammenarbeitet. „Wir haben Vertrauen zueinander. Wir Gießer müssen die Handschrift des Künstlers rüberbringen.“

Eine Skulptur aus 240 Teilen. Aus 8500 Kilogramm Aluminium gegossen. Dickwandig, rau, derb. Allein der mächtige Kopf zählt 86 Einzelteile. In Sand und Wachsformen gegossen aus den Gipsmodellen, die Lüpertz über ein Jahr in seinem Berliner Atelier gefertigt hat. Aus Gips, Styropor, Holzwolle, teils aus geteerter Wellpappe. „Das ist mir hier zu bucklig“, wendet sich Lüpertz an Stephan Schmäke und verweist mit kritischem Fingerzeig auf eine Stelle im „Schritt“ des Helden. Viel Arbeit also noch für die Ziselierer der Werkstatt, die mit der Flex funkensprühend Kanten bearbeiten, die Schweißnähte verschwinden lassen.

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In drei riesigen Blöcken – Beine, Korpus und Kopf – modellierte Lüpertz seinen Herkules. Und in seinem lichtdurchfluteten Atelier stehen etliche Entwürfe von en miniature bis fast mannshoch. Keine wie die andere. 26 Mal entstand so Herkules. Ein Exemplar steht im Büro von THS-Chef Karlheinz Petzinka. Die beiden, die sich aus der Düsseldorfer Kunstakademie kannten, Petzinka als Professor, Lüpertz als Direktor, ließen die Idee „der Symbiose von Skulptur und Architektur“ auf dem Nordsternturm reifen. Immerhin zwei Millionen Euro, eine für das Material, die andere für Planung und Honorar, investiert die THS in den „Kunst-Kracher“, der Landmarke fürs Revier werden soll und einer der sieben „Hochpunkte“ der Kulturhauptstadt 2010 ist.

Noch Wochen wird die Puzzlearbeit in der Gießerei dauern. Dann wird der Koloss aufgerichtet und Lüpertz wird ihn von eine Hebebühne aus bemalen. Wahrscheinlich kraftvoll bis verschreckend, wie er es gerne tut. Im Oktober steht die Reise nach Gelsenkirchen (aufrecht durchs Revier? – nein, wohl liegend) an. Ein Kran wird Herkules dann auf den Nordstern-Turm hieven.

Und Gelsenkirchen hat seinen Helden. „Hätte ich einen armen Mann mit leeren Taschen nehmen sollen?“, sagt Lüpertz, der in seiner Jugend in Scholven lebte. Nein. Für ihn ist der Herkules eine „Mut machende Erscheinung“, eine positive Figur, einer, der Probleme beseitigt und das Böse besiegt. Für Aufbruchstimmung und Zukunft im Revier soll der kantige Kerl stehen.