Gelsenkirchen.

. Alfons Fels hat ein markantes, architektonisches Zeichen „Neuer Sachlichkeit“ hinterlassen. Der Gelsenkirchener Architekt entwarf die Vittinghoff-Siedlung in Schalke.

Kubische Formen und Flachdächer, horizontale Galerien, vertikal betonte Treppenhaustürme, Loggien hin zum begrünten Innenhof – mit klarer Linie und expressionistischen Details (wie der „liegenden“ Sprosseneinteilung der Fenster) ließ die Gemeinnützige Baugenossenschaft Mark den Komplex an Grillo- und Wilhelminenstraße 1926 bis 1928 errichten. Anfang der 1950er Jahre wurde wiederaufgebaut, die Siedlung wechselte die Besitzer, gehörte der Gelsenkirchener ggw, später RAG/Evonik. Mal gab’s frische Farbe, mal neue Fenster. Doch grundlegend änderte sich nichts. Sanierungsstau und Bauschäden wuchsen, der Leerstand wohl auch. All das soll sich ändern. Die KWG Kommunale Wohnen AG aus Hamburg hat die Vittinghoff-Siedlung 2007 mit 143 Wohnungen und vier Gewerbeeinheiten übernommen. Seither wird sukzessive renoviert. Seit Ende März im großen Stil.

„Es hat sich gezeigt, dass wir umfassend sanieren müssen“, sagt Uwe Lunk und weist auf Mauerschäden an Sockeln, bröckelnde Farbe und Feuchtigkeitsschäden. Bei KWG leitet er das Baumanagement, ist überall dort im Einsatz, wo die Hamburger Immobilien besitzen: In Wolfsburg, Celle oder Braunschweig, aber eben auch in Dortmund, Oberhausen und Gelsenkirchen. Wobei die Vittinghoff-Siedlung heraussticht: sie ist ein Baudenkmal. „Das ist ein echtes Juwel in unserem Bestand“, sagt Stefan Lange, der vor Ort für KWG die Vermietung betreut.

Aschebeton ist für die Grundmauern der Siedlung vergossen worden – was in den 1920er Jahren in einer Stahl- und Kohle-Stadt naheliegend schien, heute aber Probleme macht. Der Beton ist teilweise sehr grob, eingedrungenes Wasser hat die Moniereisen angegriffen. Entsprechend aufwändig ist die Schadensbeseitigung. „Wir haben manche Überraschung erlebt“, sagt Lange. Wie das eben so ist mit Altbauten.

Gerüste stehen vor den Fassaden. Hier wird gehämmert, dort geputzt und gepinselt, ein Stück weiter gedämmt. Energetisch war die Bausubstanz eine Katastrophe. Sie wird jetzt bis zu 14 Zentimeter dick verkleidet. Alle Dächer werden komplett erneuert, einschließlich einer fast 40 Zentimeter starken Dämmschicht. Bis zu 50 % Energieeinsparung soll das bringen. Bis Mitte Dezember sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Rund-erneuert sind bis dahin auch die 34 Wohnungen, die derzeit leer stehen. Sie bekommen neue Böden, neue Bäder, neue Elektrik und und und. Weitere Einheiten sollen nach und nach bei Mieterwechseln erneuert werden. 2,5 Mio Euro investiert die KWG in Schalke. Nicht, „um durchzuhandeln, sondern für den eigenen Bestand“, so Lange. „Minimum zehn Jahre ist unser Planungshorizont für unsere Wohnanlagen.“ 4826 Wohnungen hat KWG im Bestand.

Das Bauspektakel in der Siedlung bringt Lärm und Staub, aber auch Abwechslung. Aus den Fenstern verfolgen Mieter, was sich hüben und drüben tut. Ellbogen im Anschlag hat Günter Pentek nicht nur den Innenhof mit den ausladenden Platanen und dem weitläufigen Spielplatz im Blick, sondern auch Handwerker en gros. Schalke-Aufkleber baumeln im Bad-Fenster, nebenan die Haustür ist blau-weiß. Seit acht Jahren wohnt Pentek in der Siedlung, fühlt sich hier wohl. „En bisken schneller“, findet er, könnten die Arbeiten allerdings fortschreiten. „Wir sind voll im Plan“, betont Lunk und Lange ergänzt: „Die Leute haben teilweise Jahre gewartet, dass was passiert. Da ist die Ungeduld verständlich.“

Zweieinhalb Zimmer und 60 m² Wohnfläche hat ein Großteil der Wohnungen, vier Zimmer-Einheiten gibt es in der Kopfbebauung an der Wilhelminenstraße. „Wir haben auch schon neue Mieter. Das Umfeld“, sagt Lange, hat Potenzial: „Einfach, aber mit aufsteigender Tendenz“