Gelsenkirchen.
Auf dem Weg zu Ante Lozic (69) rumpeln die Stoßdämpfer vom Auto gewaltig. Die Wilhelminenstraße ist in einem sehr schlechten Zustand. Auch optisch lässt dieser Teil von Schalke zu wünschen übrig. Dann öffnet der 69-jährige Hausbesitzer seine Tür, führt den Besucher durch den Keller in seinen Garten. Und was sich hier offenbart, kann getrost als Oase des Lebens in grauer Tristesse bezeichnet werden.
Blumen, Palmen, Obst, Gemüse und Wein wachsen in Reih und Glied. Mit über 300 verschiedenen Pflanzen-Sorten gibt der gebürtige Kroate die Vielfalt seiner Hinterhof-Flora an. Und es kommen immer mehr dazu. Im Wintergarten sitzt seine Frau Justina (68) und blättert in einem Pflanzenkatalog. „Guck mal, was neues: Silberrausch“, sagt sie und hält ihrem Gatten die Broschüre unter die Nase.
Den Wintergarten nennt der Rentner sein „Sommerhaus“. „Wir gehen nur zum Schlafen rein“, deutet er auf das Mehrfamilienhaus hinter sich. Das hat er nicht selber gebaut - im Außenbereich dafür fast alles. Zum Wintergarten gehören Küche, Dusche, WC, Werkstatt, Gewächshaus. „Mir ist nie langweilig“, sagt Ante Lozic, der das alles in Eigenregie hochgezogen hat. So wie die Yuccapalmen, die der ehemalige Zugführer, Busfahrer und Handwerker durch Beschneiden vermehrt hat. „Das ist praktisch eine Familie“, zeigt er auf eine Reihe immer kleiner werdender eingetopfter Palmen.
Im Teich schwimmen zehn Koikarpfen und zehn Goldfische, bewacht von Gartenzwergen und Wasserlilien. „Die Fische sind zehn Jahre alt. Mir ist kein einziger kaputt gegangen“, sagt Ante Lozic. Die Wand an der Teichseite des Gartens ist über die gesamte Fläche mit einer riesigen Wald- und Seelandschaft bemalt. Das Bild ist eine der wenigen Sachen, die der durch und durch ausgeglichen und entspannt wirkende Mann mit der deutschen Staatsangehörigkeit („Ich bin seit 44 Jahren hier. Deutschland ist meine Heimat.“) nicht selber angefertigt hat. Dafür hat er die Mauer vor dem Anstrich verputzt.
500 Quadratmeter misst das Grundstück, auf dem Ante Lozic nichts dem Zufall überlassen hat. Den Rasen mäht er jede Woche. Im Sommer, wenn er nicht so schnell wächst, reicht ein zweiwöchentlicher Beschnitt. Die meisten Stämme seiner Bäume (Nuss, Apfel, Kirsche, Pflaume) hat er mit Kalk bestrichen. „Das schützt gegen Ungeziefer“, sagt der Gärtner aus Leidenschaft. Wenn er den Nussbaum nicht schneiden würde, wäre er schon fünf Meter hoch, verrät er. „Ich halte alles in Grenzen, sonst wird mir das zu viel Schatten.“
Ein Höhepunkt ist der Brunnen in der Mitte des Gartens. Hinter einer kleinen Glasscheibe im Giebel steht eine Mutter Gottes, die im Dunkeln von Glühlampen angestrahlt wird. Die Säulen aus Beton, die das Holzdach halten, hat der Brunnenbauer wenig überraschend selber gegossen.
Natürlich dürfen in einem Garten auch Rosen nicht fehlen. Die ranken an mehreren Metallbögen empor. Und immer wieder tauchen Weinreben auf. „200 Kilogramm Wein habe ich im letzten Herbst geerntet. Da mache ich immer ein bisschen Wein raus“, sagt der Hobby-Winzer. Dann muss er wieder ins Sommerhaus. Seine Frau wartet mit dem Essen.