Gelsenkirchen..

Wie ein gestrandeter Raumgleiter liegt der Bunker in der Einöde. Der Wind peitscht Staub Richtung Wildenbruchplatz. An ein archäologisches Ausgrabenungsfeld erinnert der Bereich vor dem Bahndamm. Ein wilder Ort. Ein „Starker Ort“ für Ruhr.2010.

Die Künstlerbünde im Revier schufen aus dem ehemaligen Erz- und Kohlebunker des Schalker Vereins eine Outdoor-Galerie XXL, 235 Meter lang, zwölf Meter hoch. 37 Kunstwerke von 27 Künstlern hängen an den Flanken. Arbeiten, die – passend zum Ort – die Themen Kraft, Energie und Dynamik variieren.

Die Dimensionen erfordern besondere Kunst. 3 x 3 Meter im Format. Was monumental wirkt im Atelier, scheint am Betonband winzig. Auf Lkw-Planen wurde geprintet. Mischtechnik und Fotomontagen, Acrylgemälde und Siebdrucke kommen so groß raus. Wetterfest sind sie, windfest wurden sie verankert.

Im Kulturhauptstadtjahr haben sich Künstler vernetzt, um „Starke Orte“ zu bespielen, meist auf Industriebrachen wie in Bulmke. Die Kunst vereint 16 Künstlerbünde. Aus Herne, aus Essen vom Ruhrländischen Künstlerbund, aus dem Südsauerland oder eben Gelsenkrchen kommen die Teilnehmer dieser besonderen Schau. 41 Mitglieder hat der lokale Bund, 15 sind beteiligt. Die Auswahl traf eine Jury nach einer Ausstellung der Bewerber. „Über 60 Arbeiten“, sagt Gerd Schneider, „wurden bewertet.“ Schneider selbst, „im ersten Leben mal Starkstromelektriker“, ist mit einer Fotomontage vertreten. Er hat „Lichtbogenblitze aufgenommen und verfremdet“.

Der Stier muss ohne Hörner auskommen

Das Projekt, sagt Bildhauer Bernd Mauß, der Vorsitzende des BGK (Bund Gelsenkirchener Künstler), „hieß anfangs der Stier.“An einen monumentalen, kraftstrotzenden Tierkopf erinnert die Front des Bunkers. Die Künstler hätten ihm gerne wie in Mauß’ Bild (elf Meter hohe) Hörner aufgesetzt. In der Stadt konnten sich die Kreativen damit nicht durchsetzen. Die Kosten, die Veränderung des Stadtbildes seien nicht tragbar gewesen. So bleibt’s bei der Galerie und buchstäblich großer Kunst: Weithin sichtbare Wolkenbilder von Karin Heuermann, Arbeiten von Angelika Herker, die an zackige EKG-Kurven oder schroffe Gebirgsketten erinnern, die Seilscheibe von Reiner Glebsattel. 20 mal 20 cm groß ist die Original-“Rike“ von Barbara Ring. Sie stammt aus einer Serie ill ustrativer Figuren und kündet von der Vorliebe der Künstlerin „für skurrile, etwas verscheißernde Wesen“. Am Bunker ist „Rike“ ins Riesenhafte gewachsen. Kraft und Dynamik durch die Linienführung, Überlagerungen und Farbgebung thematisiert Marion Mauß – auf jeden Fall bis Ende November. Die Außenwirkung ist trotz der Abseits-Position übrigens durchaus gegeben: Von der nahen Bahnlinie aus kann man Kunst in vollen Zügen genießen...

Samstagsführungen bis Ende September

Starke Kunst an „Starken Orten“ wird am 19. Juni, 12 Uhr, (Wildenbruchstraße/Ecke Hohenzollernstraße) eröffnet. Die Kunst am ehemaligen Erz- und Kohlebunker des Schalker Vereins wird ab 10. Juli jeweils samstags um 16 Uhr bis Ende September bei Führungen vorgestellt.