Gelsenkirchen.

Das Verwaltungsgericht hat die Beurlaubung und Zwangsversetzung des früheren Gelsenkirchener FH-Kanzlers aufgehoben. Die Vorwürfe gegen ihn im Zuge des Skandals, dass Fördergelder veruntreut wurden, waren nicht haltbar.

Schlappe für die Fachhochschule Gelsenkirchen und das Düsseldorfer Innovations-Ministerium: Das Verwaltungsgericht Münster hat den Verweis gegen den ehemaligen Kanzler der FH aufgehoben.Der Jurist, der im Zuge des Subventionsskandals rund um die Fachhochschule und ihr Inkubator-Zentrum Emscher-Lippe zunächst beurlaubt und dann mehrfach versetzt wurde, habe sich nichts zu schulden kommen lassen, urteilte das Gericht. Im Gegenteil: Der heute 62-Jährige, derzeit gegen seinen Willen bei einer Bezirksregierung beschäftigt, habe frühzeitig vor möglichen Tricksereien im Umfeld der FH gewarnt.

Zur Erinnerung: Innovationsminister Pinkwart hatte im Frühjahr 2007 neben dem Rektor auch den für den Haushalt der Hochschule zuständigen Kanzler beurlaubt. Beide hätten „Verzögerungen, Unvollständigkeiten und Fehlerhaftigkeiten“ rund um die FH festgestellt, aber nicht gehandelt, so der Minister.

Kanzler selbst hatte die Polizei früh informiert

Wie die Ermittler später aufdeckten, wurden Millionen Euro an Fördergeldern zweckentfremdet, auch Professoren wirtschafteten in die eigene Tasche. Weil FH und Ministerium von einem Dienstvergehen des Kanzlers ausgingen, wurde ihm der Stuhl vor die Tür gestellt und in einem Disziplinarverfahren ein Verweis - er entspricht einer schriftlichen Abmahnung im Arbeitsrecht - erteilt.

Dagegen hatte der Mann, seit 1999 Kanzler, geklagt. Erfolgreich: Ein Dienstvergehen habe er nicht begangen, stellte das Verwaltungsgericht Münster nun fest. Vorgeworfen hatten FH und Ministerium dem Juristen unter anderem, er habe die Verwendung der Fördermittel für die inzwischen geschlossene Gründerschmiede Inkubator-Zentrum nicht genügend überprüft. Dieser Vorwurf sei nicht gerechtfertigt, heißt es in Münster. Im Gegenteil: Der Kanzler habe mehrfach eine Rektoratssitzung angemahnt, um über mögliche Verstöße gegen Richtlinien zu sprechen – vergeblich.

Und nicht zuletzt habe der Kanzler bereits 2004 die Polizei in Gelsenkirchen über mögliche Unregelmäßigkeiten informiert und ihr eine Übersicht über die Verflechtungen der verschiedenen Firmen im Inkubator vorgelegt. Offenbar ohne Ergebnis, wie es nun im Urteil heißt: Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien seinerzeit eingestellt worden – obwohl zwei Jahre später, als der FH-Skandal publik wurde, genau jene Personen verhaftet worden seien, die er damals der Polizei benannt habe.

„Das Urteil spricht für sich“

Sowohl Fachhochschule als auch Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technik wollen mit Hinweis auf ihre Schweigepflicht bei Disziplinarverfahren gegenüber der WAZ keine Stellung beziehen. Auch der ehemalige Kanzler will sich nicht äußern. Nur so viel: „Das Urteil spricht für sich.“

Ob der Mann nun, da er von dem Vorwurf eines Dienstvergehens freigesprochen wurde, wie von ihm gefordert an seine alte Wirkungsstätte in Buer zurückkehren darf, steht freilich in den Sternen. Aus zwei Gründen: FH und Ministerium können vor dem Oberverwaltungsgericht Berufung beantragen.

Nicht zuletzt hat der Ex-Kanzler, der sich beruflich hin- und hergeschoben fühlt, gegen seine Versetzung zur Bezirksregierung geklagt; dort ist er mittlerweile in einem Bereich tätig, der mit seinen früheren Aufgaben nichts mehr zu tun hat. Das Urteil hierzu vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen steht noch aus. Das Verwaltungsgericht in Münster konnte sich einen abschließenden Kommentar aber nicht verkneifen: Die Versetzung, so heißt es im Urteil, habe den Kanzler „in sanktionsähnlicher Weise getroffen“. Wie auch das Disziplinarverfahren Spuren hinterlassen habe: Der Kläger sei durch die Folgen „psychisch sehr belastet“.